Studieren im größten menschlichen Ballungsraum der Welt

International
Bin dann mal weg: Lars in Japan

Ein Auslandsaufenthalt ist eine feine Sache. Man kann eine fremde Sprache vertiefen, bekommt Einblicke in eine andere Kultur, knüpft neue Kontakte, erweitert seinen Horizont und nebenbei macht es sich im Lebenslauf auch immer gut. Mehr als 100 Studierende der Uni Erfurt wagen diesen Schritt alljährlich und absolvieren ein Auslandssemester. Wir haben Lars ein paar Fragen zu seinem Auslandssemester in Yokohama, Japan, gestellt.

Shinto Schrein in Hakone

Wo bist du und für welchen Zeitraum wirst du dort sein?
Ich verbringe zwei großartige Semester an der Yokohama National University in Japan und besuche hier unter anderem einen Intensiv-Kurs für Japanische Sprache und Kultur. Yokohama ist eine Drei-Millionen Metropole und keine 30 Minuten südlich von Tokio gelegen. Damit ist die Stadt Teil des größten menschlichen Ballungsraumes der Welt – insgesamt 37 Millionen Menschen leben in der Metropolregion Tokio-Yokohama.

Wie begrüßt man sich dort?
Je nach Tageszeit begrüßt man sich mit „Ohaiyo“, „Konnichwa“ und „Konbanwa“, was so viel bedeutet wie unser „Guten Morgen“, „Guten Tag“ oder „Guten Abend“. Jedoch verändern sich die Begrüßungen nach Höflichkeitsform und gesellschaftlichem Status des Angesprochenen. Zudem ist in Japan das Händeschütteln oder das Umarmen absolut unüblich. Man belässt es bei einer leichten Verbeugung oder einem Winken.

Ist es einfach, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen? 
Anfangs kann es durchaus schwierig sein, mit Einheimischen zu kommunizieren, da Englisch aus Scham vor Fehlern nur sehr ungern gesprochen wird. Für Japanisch-Neulinge kann das manchmal frustrierend sein, aber die Japaner sind stets sehr zuvorkommend, hilfsbereit und neugierig. Deshalb werden an der Universität und im Wohnheim viele Unternehmungen angeboten, bei denen man mit interessierten Studierenden oder Einheimischen in Kontakt kommen kann und z.B. zusammen den Berg Fuji erklimmt oder feiern geht.

Wie sind die Lebenshaltungskosten an deinem Studienort? Und wie sieht es mit Wohnraum aus?
Das Leben in Japan ist teuer und besonders die Mietkosten sind haarsträubend. Man kann sich oftmals nur wenig Raum leisten oder muss zusammen mit der Familie wohnen. Als Austauschstudent habe ich das Glück, in einem sehr guten und preiswerten Wohnheim leben zu können. Was jedoch ein Loch in die Kasse reißt, sind die „Reise-Kosten“. Studententickets existieren nicht und so zahlt man hier monatlich 100 Euro nur, um den Weg vom Wohnheim zur Uni mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen zu können. Auch „exotisches“ Gemüse und Obst, wie Tomaten oder Äpfel, sind eine Art Luxusgut.

Gibt es etwas im Studium oder täglichen Leben, das sich grundlegend von deinem Alltag in Erfurt unterscheidet? Falls ja, was und hat es dich überrascht?
Was sich deutlich von Erfurt unterscheidet, ist die schiere Zahl der Menschen. Besonders auf dem Weg zur Uni sind die Bahnen stets überfüllt und die Menschen „stapeln“ sich fast. Nach einigem Drücken findet man dann aber stets seine 20 Zentimeter. Trotz allem geht alles sehr strukturiert und geordnet zu.

Was würdest du anderen empfehlen, die sich für einen Auslandsaufenthalt entscheiden/vorbereiten?
Grundlegende Japanisch- oder Englisch-Kenntnisse sind sehr empfehlenswert und hilfreich, um sich wenigstens die ersten paar Tage über Wasser zu halten. Darüber hinaus sollte man sich natürlich mit der Kultur des Landes auseinandersetzen. Wer ein Land voller Geishas, Sushi oder verrückt-bunt gekleideter Menschen erwartet, wird diese mit Sicherheit finden, aber auch schnell feststellen, dass sie nur einen winzigen Teil dieses großartigen Landes ausmachen.

Du hast ein Erdbeben miterlebt. Wie gehen die Japaner damit um und wie ist es dir ergangen?
Im November gab es ein vergleichsweise starkes Erdbeben nahe Tokio, was vor allem außerhalb Japans für Schlagzeilen sorgte. Für Japaner sind Erdbeben Alltag. Die bedeutendste Nachricht für Japaner an diesem Tag war, dass der Shinkansen (japanischer Hochgeschwindigkeitszug) durch dieses Beben für drei Minuten verspätet war. Das Erdbeben war relativ weit entfernt und dadurch nicht mehr so stark. Dennoch war es ein neues Gefühl, dass ich als Norddeutscher so nicht kannte. Ich wurde durch das Beben geweckt und war zuerst sehr irritiert bevor ich die Situation realisierte.

Merkt man in Japan etwas von Weihnachten?
Weihnachten ist in Japan ein riesiges kommerzielles Event. Überall im Land wird am 1. November die Halloween-Deko durch große, kitschige und blinkende Dekoration ersetzt. Die obligatorische Weihnachtsmusik darf natürlich auch nicht fehlen. In Japan wird „traditioneller“ Weihnachtskuchen gegessen und die Kinder werden beschenkt. Aber es ist weniger ein Familienfest, sondern eher ein Tag für Paare: quasi die japanische Version des Valentinstages.

(Foto 1:) Kiyomizu-Tempel in Kyoto.
(Foto 2:) Shinto-Schrein in Hakone.