von Juliane Neitzke
Am 07.06.2022 begrüßten die Frauenförderung und Gleichstellung der Katholisch-Theologischen Fakultät und die Professur für Exegese und Theologie des Neuen Testaments Stephanie Feder zum zweiten Abend der Veranstaltungsreihe „Frauen der Kirche – Kirche der Frauen“ im Sommersemester. Stephanie Feder ist seit Oktober 2020 Projektleiterin des Programms „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“. Dieses Projekt des Hildegardis-Vereins setzt sich für eine geschlechtergerechte Personalentwicklung und eine Professionalisierung von Führen und Leiten innerhalb der katholischen Kirche ein.
Frauen ermutigen, ihre Potenziale zu nutzen
Der Hildegardis-Verein wurde 1907 von der Politikerin und Lehrerin Maria Schmitz gegründet. Er ist damit der älteste Verein zur Förderung von Frauenstudien in Deutschland. Das Anliegen der engagierten Katholikin bestand darin, jungen Frauen, die in finanzieller Abhängigkeit ihrer Väter oder Ehemänner standen, ein selbstbestimmtes akademisches Studium zu ermöglichen. Mit dem Hildegardis-Verein konnte sie dies erreichen, indem sie den Frauen zinslose Darlehen zur Verfügung stellte. Neben dieser finanziellen Unterstützung, die bis heute ein wichtiges Element des Vereins ist, setzte er sich nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem für den Bau von Studentinnenwohnheimen ein.
Bis heute liegt das Ziel des Vereins darin, Frauen umfassend dabei zu unterstützen, eine akademische Qualifizierung zu erwerben. Stephanie Feder erklärt, dass beispielsweise Studentinnen ein Darlehen beantragen können, die nicht berechtigt sind, BAföG zu beziehen oder Promovendinnen, deren finanzielle Förderung bereits ausgelaufen ist. Ein besonderes Anliegen ist ihr aktuell die Unterstützung der Frauen aus der Ukraine. So ruft der Verein ukrainische Frauen zurzeit explizit dazu auf, sich um ein Darlehen zu bewerben, um finanziell in ihrer akademischen Laufbahn begleitet werden zu können.
Der Art, wie Stephanie Feder über den Hildegardis-Verein spricht, ist anzumerken, dass es ihm wirklich am Herzen liegt, Frauen so zu begleiten und zu ermutigen, dass sie ihre beruflichen Ziele erreichen und ihre Potenziale nutzen können.
Karriere planen und Netzwerke erweitern
Der Hildegardis-Verein, der heute 120 Mitglieder zählt, verantwortet unterschiedliche Projekte, die sich an je unterschiedliche Alters- und Zielgruppen richten. So berichtet Stephanie Feder von „Women4Youth“, einem Projekt, mit dem der Verein Schülerinnen unterstützt, die unter der Corona-Pandemie besonders gelitten haben und sie stellt das Programm „B.E.S.S.E.R“ vor, das Menschen mit Behinderung auf dem Weg in die berufliche Selbstständigkeit begleitet.
Der Schwerpunkt des Abends liegt jedoch auf dem Programm „Kirche im Mentoring“, dessen Projektleiterin Stephanie Feder seit 2020 ist und das sie selbst vor einigen Jahren als Mentee durchlaufen ist.
„Kirche in Mentoring“ ermutigt Frauen unterschiedlichen Alters, die eigene Karriere strategisch zu planen und vermittelt dafür zugleich hilfreiche Tools. Grundlegender Baustein des Programms und maßgeblich für dessen Erfolg verantwortlich ist das Tandem, das aus einer Mentee und einem:r Mentor:in besteht. Jede Frau hat damit eine Ansprechperson, die exklusiv für sie zuständig und verantwortlich ist, mit der sie persönlich ins Gespräch kommen und von deren Erfahrungen sie profitieren kann. Darüber hinaus nehmen alle Mentees eines Jahres an drei zentralen Veranstaltungen teil, bei denen die wichtigen und großen Themen besprochen und bei denen die Mentees sich untereinander kennenlernen können. Neben diesen Veranstaltungen und den Gesprächen mit den Mentor:innen ist es vor allem das persönliche Projekt eines jeden Mentees, das während des Programmes im Mittelpunkt steht.
Diese Projekte können, so Stephanie Feder, ganz unterschiedlich aussehen. Es gehe dabei vor allem darum, Leitung zu üben und die eigenen bereits bestehenden Leitungskompetenzen zu erweitern. Die Mentees können durch eine solche Projektverantwortung lernen, wie eine Projektgruppe agiert, wie es sich anfühlt, eine Gruppe zu steuern, welche Situationen Schwierigkeiten mit sich bringen, wann Konflikte entstehen und wie diese zu lösen und Kompromisse zu finden sind.
Immer wieder im Verlauf des Abends kommt Stephanie Feder auf die Wichtigkeit des eigenen Netzwerkes zu sprechen. Sie berichtet, wie sehr die Mentees davon profitieren, dass die Mentor:innen ihnen ihre Netzwerke zur Verfügung stellen. Um die Netzwerke der Mentees aktiv aufzubauen und zu erweitern, dient auch ein Austausch und regelmäßige Treffen mit den Alumnae von „Kirche im Mentoring“. Doch auch für die Mentor:innen sind die Veranstaltungen immer wieder bereichernd. Die Gespräche mit den Mentees und anderen Mentor:innen laden je neu dazu ein, die eigenen Kompetenzen zu reflektieren und das eigene Verständnis von Führen und Leiten je neu zu bedenken.
Für mehr Frauen in kirchlichen Leitungspositionen
Als eines der längsten Projekte des Vereins hat sich „Kirche im Mentoring“ zur Aufgabe gemacht, eine Steigerung der Anzahl von Frauen in Führungspositionen innerhalb der katholischen Kirche zu erreichen. Das Mentoringprogramm zielt dabei nicht nur darauf ab, Frauen auf Leitung vorzubereiten, die Mentor:innen nehmen sich vor allem die Zeit, eventuelle Leitungsinteressen ihrer Mentees zu klären. Wer nicht sicher ist, ob und in welchem Rahmen professionelles Führen und Leiten zu den eigenen Kompetenzen zählt, kann sich beim Hildegardis-Verein in guten Händen wissen. Stephanie Feder betont, dass bei „Kirche im Mentoring“ die persönliche Entwicklung der Frauen stets das oberste Ziel ist.
Um Frauen in Leitung in der Kirche sichtbar zu machen, lädt sie immer wieder Frauen ein, die bereits eine Führungsposition innerhalb der katholischen Kirche wahrnehmen. Sie macht damit auf die zahlreichen Möglichkeiten aufmerksam, als Frauen in der katholischen Kirche in Leitung tätig zu sein, um immer wieder gerade auch jungen Menschen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen. So ist das Programm eng damit verbunden, den Frauenanteil in kirchlichen Leitungspositionen zu erhöhen.
Wer „Kirche im Mentoring“ durchlaufen ist, ist gut auf Leitung vorbereitet. Das Programm macht deutlich, dass Frauen zur Verfügung stehen, die Leitung übernehmen können und möchten. Es bleibt Aufgabe der kirchlichen Organisationen, zu leisten, dass diese Frauen tatsächlich in Führung kommen können. „Kirche im Mentoring“ arbeitet aktiv an einer zukunftsfähigen und geschlechtergerechten Personal- und Organisationsentwicklung mit – darin besteht das dringende Anliegen des Programmes.
Für diesen spannenden Abend, das Aufmerksammachen auf ein so wichtiges Thema sowie das geduldige Beantworten aller Fragen sei Stephanie Feder herzlich gedankt.
Hier können Sie mehr über „Kirche im Mentoring“ erfahren und ein Video ansehen, in dem sich das Programm vorstellt.