Bildungsmythen mit Refutation-Texten widerlegen: Machen Leseziele einen Unterschied?
Refutation-Texte sind ein vielversprechender Ansatz zur Widerlegung von Fehlkonzepten. Sie provozieren einen kognitiven Konflikt, indem sie ein Fehlkonzept explizit benennen und dieses mit einer wissenschaftlichen Erklärung korrigieren. Die Literatur zeigt jedoch gemischte Ergebnisse in Bezug auf ihre Wirksamkeit, was die Notwendigkeit unterstreicht, mögliche Moderatoren zu untersuchen. Wenn beispielsweise Lehramtsstudierenden ein Refutation-Text präsentiert wird, um einen Bildungmythos zu widerlegen, könnte das vorgegebene Leseziel von Bedeutung sein, da Leseziele beeinflussen können, wie Leser einen Text verarbeiten.
In dieser Studie haben wir untersucht, ob Leseziele den Effekt von Refutation-Texten beeinflussen und eine Überzeugungsänderung bezüglich eines Bildungsmythos bei Lehramtsstudierenden fördern. In unserem präregistrierten Experiment wurden insgesamt 168 Lehramtsstudierende vor und nach dem Lesen eines Texts befragt, inwiefern sie eine typische Fehlvorstellung über die Rolle der beiden Gehirnhälften für das Lernen (sog. Hemisphärendominanz) für zutreffend hielten und wie sicher sie sich diesbezüglich waren. Dabei wurden einerseits unterschiedliche Texttypen vorgegeben (Refutation versus herkömmlicher Lehrbuchtext), die aber beide die Fehlvorstellung widerlegten; andererseits wurden die Studierenden auf unterschiedlich Leseziele hin instruiert (Lesen, um eine Erklärung zu bekommen versus zur Unterhaltung).
Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass Teilnehmende, die einen Refutation-Text statt eines herkömmlichen Textes gelesen hatten, eher bereit waren, ihr Fehlkonzept zu ändern. Dieser Refutation-Effekt trat jedoch entgegen unserer Erwartung ganz unabhängig vom Leseziel der Teilnehmenden auf. Diese Ergebnisse untermauern bestehende Befunde, dass Refutation-Texte besser geeignet sind, Fehlkonzepte zu korrigieren, als herkömmliche Lehrbücher. Dies scheint unabhängig davon zu sein, mit welchen Lesezielen Personen an diese Texte herangehen. Diese Befunde stärken zwar die Generalisierbarkeit des Refutation-Effekts, dennoch ist ein besseres Verständnis der Bedingungen notwendig, die die Wirksamkeit von Refutation-Texten erhöhen können.
Asberger, J., Thomm, E., & Bauer, J. (2024). Do Reading Goals Make a Difference for Refutation Text Effectiveness? The Journal of Experimental Education, 1–19. doi.org/10.1080/00220973.2024.2358480