Vom Hörsaal zum Big Business

Alumni

"In fünf Jahren möchten wir eine Marke aufgebaut haben, die uns zum führenden Unternehmen für Gleichstellung und MINT in Europa macht", sagen sie ganz selbstbewusst. "Wir möchten so viele Kinder wie möglich erreichen und das Vertrauen von Unternehmen und Regierungen genießen, um positiv in die Gesellschaft wirken zu können." Wenn man Sonia Gonzales und Nicole Oubre zuhört, dann hat man das Gefühl: Die schaffen das. Weil sie von ihrer Idee überzeugt sind, weil sie unglaublich engagiert und fokussiert sind. Weil es ihnen gelingt, nicht nur sich selbst, sondern auch andere zu überzeugen. Und weil sie selbst "brennen" für Idee, einen Beitrag zu leisten, die Welt ein bisschen besser zu machen. Dies ist die Geschichte der MINTy Girls, die heute die MINTy Education GmbH sind...

Angefangen hat sie bereits im Studium bei einem Social Entrepreneurship-Seminar an der Uni Erfurt. Darin sollten die Studentinnen eine Geschäftsidee entwickeln, die einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet. Schon damals wollten Sonia und  Nicole das MINT-Feld, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, nicht allein den „Jungs“ überlassen. Die Studentinnen der Willy Brandt School of Public Policy an der Universität Erfurt waren fest entschlossen, eine neue Generation selbstbewusster Mädchen in den sogenannten MINT-Bereichen fördern. Und haben dafür ihr eigenes Startup gegründet – die „MINTy Girls“.

„Verschiedene Studien zeigen, dass Mädchen in Deutschland bereits im Alter von etwa 15 Jahren das Interesse an MINT-Fächer verlieren“,

erläutert Sonia Gonzales. „Das Ergebnis: In Deutschland sind nur 21 Prozent der MINT-Absolventen Frauen. Das heißt, Ingenieure sind in der Regel Männer. Erschwerend kommt hinzu, dass Mädchen im Gegensatz zu Jungen eher dazu neigen, ihre mathematischen Fähigkeiten zu unterschätzen. Wir wussten: Wenn wir das ändern wollen, müssen wir ein neues Interesse bei den Mädchen wecken und ihr Selbstvertrauen stärken – am besten noch bevor sie in die fünfte Klasse kommen. Und dafür ist es wichtig, Stereotype zu überwinden, die vermeintlich vorgeben, wer in welchen Beruf gehört.“

Und genau das haben sich die drei Gründerinnen mit den „MINTy Girls“ damals zur Aufgabe gemacht. Ihr Plan: Workshops und Camps für Mädchen ab acht Jahre anzubieten, die von weiblichen Vorbildern geleitet werden und in denen deren Kreativität und das Interesse an MINT-Fächern nicht nur geweckt, sondern auch langfristig gefördert wird. Also machten sich drei Studentinnen auf den Weg, um Unterstützer zu finden und ihr Projekt Wirklichkeit werden zu lassen. „Wir haben in unserem direkten Umfeld überwältigende Unterstützung erhalten. Zudem hatten wir Hilfe vom Gründerservice der Universität Erfurt. Und das positive Feedback, das wir während der Investor Days Thüringen von den Menschen bekommen haben, die an unseren Stand gekommen sind, hat uns natürlich zusätzlich motiviert“, erinnert sich Nicole Oubre.

Für ihren Pilot-Workshop fanden sie schnell nicht nur eine Erfurter Schule, sondern auch ein lokales Unternehmen, das sie bei ihrer Arbeit unterstützt. Der nächste große Schritt war ein sogenanntes EXIST-Gründerstipendium aus dem EXIST-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, das die Studentinnen nach ihrem Abschluss bekamen und das es ihnen ermöglichte, den Aufbau ihres Unternehmens in Vollzeit weiterzubetreiben. Das Stipendium hatten Sonia und Nicole zusammen mit dem Team vom Gründungsservice der Uni beantragt, der sie während der Laufzeit von zwölf Monaten betreut und begleitet hat. Zudem fanden sich mehrere Kooperationspartner, die ihnen beim Start unter die Arme griffen und von denen die Gründerinnen viel lernen konnten. Und das mussten sie auch, gibt Sonia zu: "Wir standen neben den sprachlichen Barrieren vor so einigen Herausforderungen: Die größte war für uns, das deutsche Bildungssystem zu verstehen, vor allem für uns als Ausländerinnen. Ich komme aus Peru, Nicole aus den USA. Da ist natürlich alles ganz anders. Aber durch unsere umfangreichen Recherchen und Gespräche mit Schulleitern, Lehrern und Eltern konnten wir auch das meistern."

Heute sitzen die "MINTy Girls", die inzwischen (zu zweit) zur MINTy Education GmbH geworden sind, in Berlin. "Wir dachten, dass die Start-up-Szene hier perfekt für uns ist", sagt Nicole. "Wir arbeiten aber in ganz Deutschland. Im Moment machen wir zum Beispiel MINT-Workshops in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen." Und sie können von ihrem Unternehmen inzwischen auch leben. Einer ihrer größten Kunden ist 3M, ein weltweit agierender US-amerikanischer Multi-Technologiekonzern. "Das ist schon ein tolles Gefühl", erklären die beiden Unternehmerinnen. "Schon unser erster zahlender Kunde, war ein großer Moment für uns", erinnern sie sich.

"Das wäre ohne den EXIST-Zuschuss nicht möglich gewesen, der ein weiterer großer Schritt war. Aber das beste Gefühl und damit unser größter Erfolg ist es, wenn wir sehen, wie die Kinder durch unsere Workshops lernen, Spaß haben und Naturwissenschaft und Technik für sich entdecken."

"Die Geschichte von Sonia und Nicole ist eine Erfolgsgeschichte. Und eine, die belegt, dass Gründungen auch an einer geisteswissenschaftlichen Universität wie unserer nicht nur funktionieren, sondern ganz im Sinne von Social Entrepreneurship auch in die Gesellschaft hineinwirken können", freuen sich Martin Hellmann und Jana Theuerkauf vom Gründungsservice der Uni Erfurt. "Und dass wir ein Stück dazu beitragen konnten, macht uns auch ein bisschen stolz."