In der Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg ist noch bis zum 10. Dezember 2023 eine Ausstellung zu sehen, die ihre Besucher in die Welt des Rausches, der Euphorie, der Versuchung, aber auch der Sucht und mit ihr der Gefahr des Absturzes führt. „On A Night Trip“ heißt sie und wurde von der Stiftung „Welt der Versuchungen“ initiiert. Philip Bunk und Marie Engel, zwei Kunststudierende der Universität Erfurt, sind – neben fünf weiteren Studierenden und Alumni – mit dabei, um die Besucher durch die Ausstellung zu begleiten und mit ihnen über das Thema ins Gespräch zu kommen. In unserem Campusblog erzählen sie, wie es dazu kam...
Clubnächte, Partys, sich frei fühlen, den Bass spüren, ausgelassen tanzen, flirten – eine Erfahrung, bei der eigentlich jeder mitreden kann. Und doch ist sie jeweils höchst individuell. Eine Begleiterin ist meistens dabei: die Versuchung. Die Lust auf Entgrenzung, die Sehnsucht nach einem guten Gefühl. Und die geht oft auch mit dem Konsum von Alkohol einher. Manchmal auch Ecstasy, Cannabis oder Kokain. Was genau suchen Menschen in Clubs, auf Partys oder Festivals? Folgt ein Partyabend immer demselben Drehbuch? Wo lauern Gefahren? Und ist das „böse Erwachen“ zwangsläufig die Folge? „Genau diesen Fragen geht die Ausstellung nach und gibt ihnen Raum“, erklären Philip Bunk und Marie Engel.
Über eine Kommilitonin, die bei der Stiftung „Welt der Versuchungen“ arbeitet, kamen die beiden zu ihrem ‚Nebenjob‘ auf dem Petersberg. Er hat ein abgeschlossenes Lehramtsstudium in der Tasche und studiert nun Kunst im Hauptfach und Kommunikationswissenschaft im Nebenfach an der Uni Erfurt. Sie setzt hier gerade auf ihr Förderpädagogik-Studium noch ein Zertifikatsstudium in Kunst drauf. „Die pädagogische Expertise hilft uns bei unserer Arbeit in der Ausstellung ganz sicher“, sagt Marie. „Besonders bei Führungen mit Schulklassen und den spezifischen Fragen, die Jugendliche bei diesem Thema mitbringen, wäre ich sonst womöglich an manchen Stellen überfordert gewesen. Aber es ist auch wirklich bereichernd, miteinander ins Gespräch zu kommen – über die eigenen Erfahrungen ebenso wie über unterschiedliche Perspektiven.“ Und Philip Bunk ergänzt: „Ich habe bei den Führungen und Veranstaltungen in der Ausstellung auch selbst eine ganze Menge gelernt. Zum Beispiel war mir nicht klar, wie lange es wirklich dauern kann bis Alkohol im Körper abgebaut ist oder wie Dopamin im Körper wirkt.“ Aber nicht nur die wissenschaftliche Seite, auch die soziale Komponente des Ausstellungsthemas sei spannend. Und natürlich auch die künstlerische Umsetzung. So sind beispielsweise neben einer Station, an der man mittels einer VR-Brille ins Partyleben von Jugendlichen einsteigen kann, auch Fotografien zu sehen, die gefährliche Substanzen aus ästhetischer Perspektive betrachten.
Dass Philip und Marie schon beim Aufbau der Ausstellung dabei waren, ist ein zusätzlicher Pluspunkt für sie: „Zum einen, weil wir sehen konnten, wie man aus einem ‚nackten‘ Raum einen spannenden Ausstellungsort macht und was es logistisch wie organisatorisch zu beachten gibt. Zum anderen, wie man das Thema so interessant vermittelt, dass der Besuch eine Bereicherung ist und am Ende auch etwas hängenbleibt“, erklären die beiden Studierenden. Dafür sei es wichtig, eine Verbindung zu schaffen, die Besucher einzubeziehen – ob nun durch die Möglichkeiten des „Selbsterlebens“ mittels VR-Brille oder über den persönlichen Erfahrungsaustausch. „Das Thema betrifft ja letztlich jede und jeden von uns. Die Ausstellung bietet nun eine gute Umgebung, darüber ins Gespräch zu kommen und schafft einen Raum für die Auseinandersetzung damit.“ Dabei gehe es vor allen Dingen um Sensibilisierung, Aufklärung, nicht ums Verbieten. „Mal ehrlich, das wäre ja auch unrealistisch“, sagt Marie Engel.
Und so ist „On A Night Trip“ am Ende für die beiden Studierenden viel mehr geworden als nur ein „Job“. Sie haben selbst an Erkenntnis gewonnen, spannende Gespräche geführt und gleichzeitig Pluspunkte für ihren künftigen Berufsweg gesammelt: Marie möchte eventuell einen Master in Kunstpädagogik machen, da kommt ihr die Vermittlungserfahrung mehr als gelegen. Und Philip kann sich als freischaffender Künstler vorstellen, nebenbei auch im Bereich der Kunstvermittlung zu arbeiten – sozusagen als ‚Backup‘ für das Kreative, Freie. Dass sie bereits während des Studiums diese Chance hatten, finden die beiden richtig gut. Studium und Praxis in synergetischer Bestform, sozusagen.
Wer neugierig geworden ist, muss sich allerdings beeilen – am Sonntag schließt die Ausstellung ihre Türen. Auch die beste Party geht eben irgendwann zu Ende…