Eigentlich ist sie Studentin der Staatswissenschaften an der Universität Erfurt. Aber im Nebenjob ist sie vor allem eines: sehr engagiert. Politisch, gesellschaftlich. Für die Menschen. Vor allem die LSBTI*Q-Community, also lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche, transgender, intergeschlechtliche und queere Menschen. Für deren Belange und Interessen macht sie sich nun auch beim Zweiten Deutschen Fernsehen stark. Felizia Möhle ist das jüngste Mitglied im ZDF-Fernsehrat, der jetzt in seine 17. Amtsperiode gestartet ist. Wie das kam und was sie hier anstoßen und bewegen möchte, hat uns die 24-jährige trans Frau für unseren Campusblog verraten…
„Ich bin sehr dankbar, mein Wissen und meine Erfahrungen in den kommenden vier Jahren in die Programmgestaltung des ZDF im Ausschuss Programmdirektion einbringen zu dürfen“, sagt Felizia Möhle. „Dabei möchte ich ganz besonders auf die Bedürfnisse junger Menschen schauen und dazu beitragen, dem zunehmenden Einfluss von Desinformation und Fake News im Netz etwas entgegenzusetzen. Mit einem Programm, das die Menschen faktenbasiert und verlässlich informiert und vor allem dort abholt, wo sie unterwegs sind.“ Dies sei bei jungen Menschen eben immer weniger lineares Fernsehen, sondern ein gutes Online-Angebot ebenso wie die Sozialen Medien.
Im ZDF-Fernsehrat kann sie nun darauf Einfluss nehmen. Denn dieser stellt unter anderem Richtlinien auf, bestimmt die Intendanz und berät diese zum Programm. Ihm gehören derzeit 60 Mitglieder an, von denen erstmals 45 Frauen und 15 Männer sind. Zugleich sei er der bislang jüngste ZDF-Fernsehrat, weiß Felizia Möhle, die darin eine echte Chance für Erneuerung und Weiterentwicklung sieht. 18 Mitglieder des Fernsehrats werden von den Ländern und dem Bund als ihre Vertreter*innen bestellt. „Die übrigen Plätze werden aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen rekrutiert, etwa Vertreter*innen von Kirchen, Gewerkschaften, Naturschutzverbänden oder aus dem Sport“, erläutert die Studentin. In Thüringen sei der Verein QueerWeg, in dem sich Felizia seit langer Zeit engagiert, vom Land gefragt worden, ob er eine Person als Vertreter*in auswählen wolle. Und so habe der Verein schließlich sie ausgewählt, die Interessen queerer Menschen im Fernsehrat zu vertreten. Für Felizia heißt das in den kommenden vier Jahren jeweils vier Plenums- und vier Ausschuss-Sitzungen im Jahr, aber auch Besuche bei Fernsehproduktionen und vor allem jede Menge Beobachten, Recherchieren, Einordnen und Beraten. Ihr Studium und ihre Arbeit im QueerWeg-Verein helfe ihr dabei, die Dinge politisch einzuordnen, sagt die 24-Jährige. Ihr Interesse an Medien und auch die bislang darin gemachten Erfahrungen, beispielsweise vor Kamera und Mikrofon frei zu sprechen, machten es ihr vergleichsweise leicht, sich öffentlich zu äußern und für ihre Belange und die der LSBTIQ*-Community einzutreten. „Zum Glück bin ich sehr selbstbewusst und lasse mich nicht so schnell einschüchtern“, sagt Felizia. Zudem habe sie in ihrem Umfeld Menschen, die sie unterstützen und auch zur Seite stehen, wenn es mal arg wird. Denn als engagierte trans Frau hat die 24-Jährige auch schon verschiedentlich mit Hass-Kommentaren im Netz umgehen müssen. „Ich versuche, so etwas nicht so sehr an mich heranzulassen und mir bewusst zu machen, dass diese Leute, die sich so abwertend äußern, eigentlich nicht mich persönlich meinen. Sie kennen mich ja nicht. Aber manchmal ist es schon hart.“ Umso mehr möchte sie mit ihrer Arbeit im Verein und nun auch im Fernsehrat dazu beitragen, dass queere Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft sichtbarer werden und auch ihre Belange mehr Gewicht, z.B. bei politischen Entscheidungen, bekommen.
Auch für sich persönlich kämpft Felizia um die Anerkennung als trans Frau. Aktuell steht in ihrem Personalausweis nämlich noch ein männlicher Name – der, den ihr ihre Eltern vor 24 Jahren gaben. Erst mit dem Selbstbestimmtungsgesetz, das im November in Kraft tritt, kann sie auch hier ihren selbstgewählten neuen Namen offiziell eintragen lassen. Bis dahin führt Felizia (lat. „die vom Glück Begünstigte“) immer einen sogenannten Ergänzungsausweis mit sich, auf dem ihr weiblicher Vorname geführt wird. An der Uni Erfurt ist sie schon eine ganze Weile auch offiziell Felizia – in ihrer Mail-Adresse, der Studierendenwerkskarte „thoska“ und längst auch bei ihren Kommiliton*innen. „Klar, ich habe dafür zunächst kämpfen müssen“, erinnert sie sich. „Ich war offenbar die Erste, die mit diesem Wunsch nach Namensänderung im Dezernat Studium und Lehre 'aufgeschlagen' ist. Da musste erstmal rechtlich einiges geklärt werden. Aber ich habe Unterstützung erfahren, auch von der Gleichstellungsbeauftragten, und dafür bin ich sehr dankbar.“ Überhaupt sei es wirklich schön, in Erfurt zu leben, sagt die Master-Studentin, die bereits für ihren Bachelor aus Hannover in die Thüringische Landeshauptstadt kam. Das war mitten in der Corona-Zeit, als viele (Lehr-)Veranstaltungen nur digital stattfinden konnten und das Kennenlernen neuer Leute deutlich schwieriger war als es heute wieder ist. „Aber ich wusste, ich möchte im Bereich Politikwissenschaft studieren und auch erstmal raus in die Welt, meinen eigenen Weg gehen, Erfahrungen sammeln und so weiter. Das Studium der Staatswissenschaften, das es in dieser Form nur äußerst selten gibt, schien mir perfekt, weil es eben nicht nur auf Politikwissenschaft verengt, sondern sehr viel breiter aufgestellt ist. Hinzukommt, dass Erfurt auch eine Medienstadt ist, so dass ich denke, dass ich hier auch meinen Berufswunsch, in dem sich Politik und Medien verbinden sollen, irgendwann realisieren kann.“ Und dass sie im Queeren Zentrum Erfurt, einer Einrichtung des QueerWeg-Vereins, auch noch einen wunderbaren Nebenjob gefunden hat, ist für Felizia ein echter Glücksfall. Felizia, die Glückliche, eben….