"Ich bin jemand, der die Dinge anpackt", sagt Elisa Thiel. "Wenn mich irgendetwas stört oder mir etwas fehlt, dann kümmere ich mich darum." So war es auch im vergangenen Sommersemester als die 27-Jährige ein Studium Fundamentale an der Universität Erfurt organisierte. "Als Studentin und Mutter einer eineinhalbjährigen Tochter fehlte mir ein Netzwerk von studierenden Eltern auf dem Campus. Ich wollte mich mit Gleichgesinnten austauschen, neue Kontakte knüpfen und auch das eine oder andere hier an der Uni verändern – ob es nun Hochstühle für die Mensa sind, eine Rampe oder eine bessere Ausschilderung für die flexible Kinderbetreuung in der ‚Räuberhöhle‘ oder einfach die Tatsache, dass die Informationen über Angebote und Möglichkeiten für studierende Eltern diese auch besser erreichen."
Gesagt, getan. Gemeinsam mit Kommilitonin Julia Kersten – ebenfalls Mutter eines eineinhalbjährigen Sohnes – entwickelte sie das Konzept für ihr StuFu-Seminar. Dann holten die beiden das Büro für Gleichstellungs- und Familienfragen der Uni Erfurt an Bord und Elisa Karpe, eine Diplom-Psychologin aus Leipzig. Wenig später stand es – das StuFu "Born to be wild. Unikinderreich". Darin näherten sich die Studierenden in Vorträgen, eigenen Referaten und Diskussionsrunden unter anderem der Frage, was es eigentlich heute heißt, mit Kind zu studieren und wie man dies an der Uni sinnvoll gestalten kann. "Wir haben uns über Rollenbilder unterhalten, darüber, was Mütterlichkeit heute heißt und wie das Bindungsgefühl zwischen Eltern und Kind entsteht, aber auch über Familienleben in der Geschichte", berichtet Elisa Thiel. "Natürlich, es ging auch um ganz praktische Fragen wie ‚Bin ich eine schlechte Mutter, weil ich mein Kind frühzeitig abgebe, um Lehrveranstaltungen besuchen zu können? oder ‚Wie kriege ich Studium und Elternsein unter einen Hut?‘ und ‚Wie sensibilisiere ich meine Dozenten für meine Situation?‘ Uns ging es ganz klar auch darum, anderen studierenden Eltern Mut zu machen und sich miteinander zu vernetzen, und das war eine tolle Erfahrung." Uns war es auch wichtig, uns darüber Gedanken zu machen, wie man den Campus bzw. das studentische Leben so gestalten kann, dass es der Lebenssituation studierender Eltern näherkommt. "Mit einem Fragebogen haben wir deshalb erst einmal den Status Quo ermittelt, aber dann ging es auch gleich los." So nahmen die Studierenden beispielsweise Kontakt zum Studentenwerk auf und sorgten für neue Hochstühle für Kinder in der Mensa. Außerdem initiierten sie ein Kindercafé, das jeden Dienstag um 16 Uhr stattfindet – je nach Wetter auf der Campuswiese oder im Hörsaal 7. "Alle sind herzlich eingeladen, einfach vorbeizuschauen", sagt Elisa Thiel, "egal ob mit oder ohne Kind".
Das StuFu ist inzwischen vorbei – eine Wiederholung kann sich die 27-jährige Studentin der Förderpädagogik aber gut vorstellen. Nächstes Jahr will sie ihren Bachelor machen – in der Zwischenzeit möchte sie aber auch noch einiges in Sachen "Unikinderreich" schaffen: "Wir wollen eine richtige Hochschulgruppe gründen, dafür sorgen, dass es auf dem Campus noch mehr Angebote für studierende Eltern gibt und eine gute Informations- und Gesprächskultur entwickeln. Die Offenheit für das Thema, breite Informationen und Hilfs- bzw. Beratungsangebote sind ja am Ende auch ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung für einen Studienort." Für Elisa ist klar: Familienfreundliche Hochschule, das ist mehr als nur ein Label. Man muss das Thema mit Leben füllen. Zusammen mit ihren Kommilitonen aus dem StuFu hat sie ein wunderbares Stück dazu beigetragen.