"13 Nationen in einem Seminarraum – das gibt es nicht so häufig an deutschen Universitäten", betont Junior-Prof. Dr. Solveig Richter. Gemeinsam mit Prof. Dr. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung der Uni Marburg hat die Juniorprofessorin der Willy-Brandt-School of Public Policy der Universität Erfurt in diesem Sommersemester ein Seminar an beiden Universitätsstandorten veranstaltet, bei dem sich Studierende aus 13 Nationen zum Thema informelle Politik austauschen konnten. Eine Bilanz:
Erstmals konnten Studierende der Friedens- und Konfliktforschung aus beiden Universitäten und somit fast allen Teilen der Welt in dem Seminar ihr Wissen bündeln und mit beiden Dozenten diskutieren. Gegenstand des Seminars waren dabei verschiedene Varianten informeller Politik und die Bedeutung, die sie für die Entwicklung von Gesellschaften haben. Dazu gehören beispielsweise Praktiken wie Korruption oder Klientelismus, aber auch feste informelle soziale Netzwerke wie sie etwa in neopatrimonialen Herrschaftssystemen bestehen. Wichtige, im Seminar kontrovers diskutierte Fragen waren, inwiefern solche informellen Institutionen die Entwicklung von Gesellschaften blockieren, ob informelle Politik typischerweise in autoritären Staaten anzutreffen ist oder ob einzelne Typen informeller Politik nicht auch in Demokratien eine wichtige Rolle spielen, etwa bei der Lösung von Konflikten außerhalb formeller Verfahren. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen konnten dabei auch auf Erfahrungen aus vielen verschiedenen Ländern zurückgreifen, etwa aus Kasachstan, Liberia, Kolumbien, Südafrika, Jemen, Afghanistan, Georgien oder Kenia – und nicht zuletzt auch aus Deutschland. „Die Idee zu dem Seminar kam uns, als wir feststellten, dass an beiden Universitäten viele Studierende aus außereuropäischen Ländern Friedens- und Konfliktforschung studieren, in Erfurt integriert in einen Master of Public Policy. Wir fanden es interessant, diese mit deutschen Studierenden zusammenzubringen und gemeinsam über die Bedeutung informeller Institutionen in verschiedenen Gesellschaften zu diskutieren, auch, um die jeweils eigenen normativen Vorstellungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu reflektieren“, so Richter und Bonacker einhellig. Der Verlauf des Seminars, das in Marburg begann und dann in Erfurt fortgesetzt wurde, gab beiden Recht. Dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Teil auch auf persönliche Erfahrungen etwa im Umgang mit staatlichen Autoritäten zugreifen konnten, führte im Seminar zu einem spannenden Austausch zwischen Studierenden, die buchstäblich aus der ganzen Welt nach Marburg und Erfurt gekommen sind.