Unter dem Titel „Das F-Wort neu definiert: Was wir über Feminismus denken“ fand im Sommersemester unter Leitung von Dr. Silke Martin aus der Film- und Medienwissenschaft sowie Katrin Schlunken und Lena Maria Schröter aus der Literaturwissenschaft an der Universität Erfurt ein Seminar statt, das sich mit dem modernen Verständnis von Feminismus beschäftigt hat. Für die Studierenden war dies nicht nur inhaltlich eine spannende Erfahrung, sondern auch die Form der Veranstaltung war in diesem Jahr besonders. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten sie nicht gemeinsam auf dem Campus arbeiten, sondern saßen zu Hause am Rechner – jede*r für sich. Und doch kam am Ende sogar eine gemeinsame Website heraus. Wie das gelungen ist, darüber sprachen wir mit den drei Dozentinnen…
Sie hatten das Seminar sicher als Präsenzveranstaltung geplant – wie haben Sie es geschafft, das Thema so schnell in ein Online-Format zu gießen?
Richtig, das Seminar war ursprünglich als Präsenz-Blockveranstaltung gedacht. Wir mussten dadurch keine 14 Sitzungen umplanen, wie es bei einem wöchentlichen Seminar der Fall gewesen wäre, sondern konnten auf unseren angedachten Sitzungsblöcken aufbauen. Gleichzeitig haben wir versucht, den Aspekt des asynchronen Lernens als Vorteil der digitalen Lehre zu begreifen. Katrin hat unseren Moodle-Raum, über den wir das Seminar beinahe vollständig organisiert und durchgeführt haben, dementsprechend konzipiert und mit viel Umsicht erstellt.
Was war das Ziel des Seminars und wie haben Sie sich mit Ihren Studierenden diesem Ziel genähert?
Das Ziel war es, die Studierenden für das Thema Feminismus zu begeistern und ihnen sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen an die Hand zu geben, um mit immer noch bestehenden Vorurteilen aufzuräumen. Wir wollten den Studierenden also gewissermaßen Werkzeuge mitgeben, um ihr Wissen auch über das Seminar hinaus anzuwenden und weiterzutragen. Uns lag dabei vor allem am Herzen, zu zeigen, wie aktuell und wichtig das Thema ist, dass Feminismus eben noch nicht „abgeschlossen“ ist und jede*r von uns auch mit kleinen Aktionen dazu beitragen kann, die Welt ein bisschen feministischer zu machen. Demensprechend haben wir bei unserer Textauswahl einerseits darauf geachtet, dass alle eine gemeinsame theoretische Wissensbasis erlangen und andererseits vor allem aktuelle Texte ausgewählt. So haben wir zum Beispiel Scarlett Curtis' Aufsatzsammlung „The Future is Female“ gelesen, die dann als Inspiration für die eigenen Texte der Teilnehmer*innen diente, oder Chimamanda Ngozi Adichies TED-Talk „We Should All Be Feminists“ angesehen, um ein Verständnis von Feminismus zu schaffen, mit dem die meisten sich leichter identifizieren können.
Generell haben wir versucht, das Seminar so abwechslungsreich und vielseitig wie möglich zu gestalten. Hier kam uns auch unsere Dreierkonstellation sehr zugute. Zu dritt haben wir immer sehr schnell viele gute Ideen zusammengetragen. Außerdem konnten wir natürlich insbesondere auf Silkes Erfahrungen mit verschiedenen Lehrkonzepten zurückgreifen und diese dann gemeinsam an die digitale Lehre anpassen.
Als Einstieg ins Seminar haben wir Taylor Swifts Musikvideo zu „The Man“ in unserem Moodle-Diskussionsforum diskutiert. Anschließend gab es einen Theorieblock, in dem die Studierenden in Kleingruppen vier Hintergrundtexte aufarbeiten und ihre Ergebnisse darstellen sollten. Beim Format waren die Gruppen völlig frei, sodass nicht nur eine klassische PowerPoint-Präsentation, sondern auch zwei Prezi-Präsentationen und ein Podcast entstanden ist. Als Zwischenschritt haben wir via Videokonferenz eine Schreibwerkstatt durchgeführt. Diese lief so ab, dass wir die Studierenden per Video angeleitet haben und jede*r für sich geschrieben hat. So haben wir verschiedene Schreibtechniken vorgestellt, die ihnen den Einstieg in das Verfassen eines feministischen Textes erleichtern sollten. Diese Aufgabe stand im Zentrum des zweiten Seminarblocks. Auch hier, beim Schreiben, waren die Studierende im Format völlig frei – entstanden sind kreative und teilweise sehr persönliche Texte, u.a. ein Brief, ein Märchen, ein Liedtext, Gedichte und Essays.
Vermutlich hat besonders die Mischung an Formaten und Aufgaben das Interesse der Studierenden auch über das Semester hinweg aufrechterhalten. Aber es ist ja auch ein spannendes Thema!
Gab’s auch mal Schwierigkeiten, oder anders gefragt: Was waren die Herausforderungen?
Oh ja, natürlich, viele! Zum einen waren uns viele Moodle-Funktionen noch nicht bekannt, also mussten wir uns erstmal einarbeiten und das brachte seine eigenen Herausforderungen mit sich. Auch hatten wir das Glück, dass unsere Studierenden sehr geduldig waren, wenn es mal technische Schwierigkeiten gab…
Die größte Herausforderung war es aber wohl tatsächlich, direkt zu kommunizieren. Besonders bei einem Seminar, das von Diskussion lebt, ist es natürlich schwierig, diese ausschließlich online und asynchron zu führen. Trotz unserer gemeinsamen Videokonferenzen haben wir alle den persönlichen Austausch vermisst. Ein bisschen auffangen konnten wir das durch unser gut genutztes Diskussionsforum. Außerdem haben wir den Studierenden während der Videokonferenzen die Möglichkeit gegeben, sich in sogenannten Break-Out-Rooms auch mal ohne uns Dozentinnen auszutauschen.
Insgesamt können wir sagen, dass das Seminar auch deshalb so gut funktioniert hat, weil die Teilnehmer*innen allesamt sehr engagiert dabei waren und sich wirklich mit viel Fleiß und Kreativität an ihre Aufgaben gewagt haben. So was kann nicht geplant werden, wir haben wirklich eine tolle Gruppe gehabt.
Als Ergebnis Ihrer Lehrveranstaltung steht nun die Website „Das f-Wort“ (https://das-f-wort.de). Wen wollen Sie mit der Website erreichen und inwiefern soll/wird sie sich künftig weiterentwickeln?
Die selbst verfassten Texte unserer Teilnehmer*innen sind so gelungen, dass wir sie gern auf Dauer bewahren und mit anderen Interessierten teilen wollten. Außerdem können wir den Texten so den verdienten Raum geben, obwohl sie nicht, wie ursprünglich geplant, persönlich vorgetragen werden konnten. Und schließlich können wir auf diese Weise zeigen, wie sich die Uni Erfurt daran beteiligt, die Welt ein bisschen feministischer zu machen ;)
Ein Glücksgriff war es, dass wir durch Lena nicht nur Kontakte zu einer Erfurter Werbeagentur haben, die uns diese wundervolle Website eingerichtet hat, sondern Lena die Website dadurch auch aktiv mitgestalten konnte und auch in Zukunft verwalten wird.
Da wir das Seminar in etwas veränderter Form im kommenden Wintersemester erneut anbieten werden, möchten wir dann auch die Website mit neuen Beiträgen erweitern und wer weiß, wie es dann weitergehen wird...
Inwieweit hat das Seminar, hat die Arbeit mit der Gruppe, denn Ihren eigenen Horizont bezüglich des Themas „Feminismus heute“ erweitert?
Uns hat dieses Seminar noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie facettenreich und individuell Feminismus heute ist. Unsere Teilnehmer*innen haben mit uns vielfältige und teils auch sehr persönliche Erfahrungen geteilt. Dieses Vertrauen ist für uns ein ganz besonderes Kompliment. Viele haben auch berichtet, sich in Diskussionen über feministische Themen bisher oft zurückgehalten zu haben und durch dieses Seminar nicht nur mehr Hintergrundwissen, sondern vor allem auch das Selbstvertrauen gewonnen zu haben, ihre Meinung auch offen zu vertreten und sich nun intensiver an Diskussionen zu beteiligen.
Da wir vor allem das im Sinn hatten, hat das Seminar unsere Erwartungen vollauf erfüllt und wir freuen uns darauf, im nächsten Semester in die zweite Runde zu gehen!