"Wir müssen mal wegkommen von diesem 'wir' und 'die'. Wir sind doch alle 'WIR', alle Menschen dieser Erde – wenn auch mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Und das ist doch auch das Schöne daran." Die das sagen, sind Falk und David, beide 21 und beide Studenten. Der eine, David, im Studiengang Internationale Beziehungen an der Uni Erfurt, der andere, Falk, sein früherer Kommilitone und heute Jura-Student an der Friedrich-Schiller-Universität. Beiden liegt das Thema Solidarität am Herzen und damit auch die Chance, die Welt ein bisschen vielfältiger zu machen. Und deshalb war es für Falk und David auch selbstverständlich, etwas zu tun, als 2015 immer mehr Geflüchtete in Erfurt eine neue Heimat finden sollten: "Wir haben doch alle eine Verantwortung für unsere Mitmenschen. Insofern gab‘s da für uns nicht viel zu überlegen." Falk und David sind Mitglieder der Hochschulgruppe "Sprachbrücke" an der Universität Erfurt. Gemeinsam mit rund 30 anderen Studierenden kümmern sie sich darum, dass Geflüchteten das Ankommen in Erfurt erleichtert wird. Durch Sprachunterricht, aber auch bei ganz alltäglichen Fragen und Problemen.
"Wir haben damals, im Januar 2015, mit ganz niedrigschwelligen Angeboten angefangen", berichten die beiden Studenten. Die Hochschulgruppe ging einfach in Gemeinschaftsunterkünfte und bot Sprachkurse an – für ein erstes "Zurechtkommen" in der neuen Heimat. Der Bedarf war groß und so sind es inzwischen vier Kurse verschiedener Niveau-Stufen, die die Studierenden wöchentlich im Stadtgebiet anbieten. Einige der rund 40 Teilnehmenden sind schon sehr lange dabei, aber immer wieder kommen auch neue dazu, für die die wöchentlichen Treffen mittlerweile mehr sind als bloßer Fremdspracherwerb. Sie sind Austausch in der Gruppe – über das Alltägliche, aber auch Probleme beim „Ankommen“ in Deutschland. Und manchmal treffen sie sich auch außerhalb der Kurse – bei schönem Wetter zum Beispiel, im Park, um einfach zusammenzusitzen, zu essen und zu reden. Die Studierenden aus der Hochschulgruppe "Sprachbrücke" investieren dabei nicht selten eine Menge ihrer Zeit. "Ja, aber Zeit mit Freunden, einfach einer netten Gruppe – das ist ja kein 'Opfer'", erklärt Falk. Schade finden die beiden Studenten indessen, dass nicht jeder Geflüchtete vom Staat mit einem Sprachkurs gefördert wird und oft die Zivilgesellschaft einspringen müsse – gerade bei Menschen mit geringeren Chancen auf eine Aufenthaltsberechtigung. "Das kann die Sprachbrücke natürlich nicht ändern", sagt David, "aber unsere Kurse können im Kleinen dazu beitragen, dass mehr Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können".
Unterstützung bekommt die Hochschulgruppe manchmal durch kleinere Spenden und öffentliche Fördergelder. "Das ist zwar nicht die Masse, aber es reicht, um Büro-, Lernmaterialien und Bücher zu kaufen, mit denen wir dann arbeiten können", sagt David. Erst kürzlich habe die Gruppe neue Lernspiele erwerben können – das macht den "Unterricht" leichter. Und vor allem unterhaltsam. In allererster Linie aber ist es nicht Geld, was die Sprachbrücke braucht, sondern Leute, die sich engagieren. "Nach eineinhalb Jahren Arbeit sind wir jetzt in einer Umbruchphase", sagen Falk und David. "Manche unserer Mitglieder sind fertig mit dem Studium und ziehen fort. Aber wir wollen natürlich weitermachen und deshalb freuen wir uns immer über neue Mitglieder." Besondere Voraussetzungen gibt es eigentlich nicht: "Bei der Sprachbrücke können alle, die Lust haben, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, mitmachen."
Was sich Falk und David wünschen? "Na, es wäre doch toll, wenn einige unserer Kursteilnehmer später unsere Kommilitonen an der Uni würden." Deshalb wirbt die "Sprachbrücke" unter den Geflüchteten auch immer wieder für eine Gasthörerschaft an der Uni Erfurt. Die ist eigentlich ganz unkompliziert und für Geflüchtete auch ohne Gebühren möglich. Gemeinsam im Hörsaal sitzen, gemeinsam lernen, gemeinsam feiern. So könnte am Ende aus dem 'die' ein 'WIR' werden.