Sie sind erst seit wenigen Tagen wieder zurück in Deutschland. Im Gepäck haben die 22 Teilnehmer am Model United Nations (MUN) 2016 fünf Auszeichnungen – einen Delegations-Award „Honorable Mention“, drei Awards für herausragende Positionspapiere und einen Award für herausragende Delegierte im Komitee – aber auch jede Menge neue Erfahrungen und Erinnerungen an anstrengende, aber aufregende und besondere Tage in New York.
Die politischen Debatten in New York sind natürlich „nur“ simuliert. Aber als Vertreter einer Nation übt man dabei dennoch, eine Meinung vor der UN zu vertreten – wenngleich es nicht die eigene ist, sondern die der jeweiligen Nation, die man vertreten soll, ist. Und so haben unsere Studierenden im Rahmen der Vorbereitung auf die Tätigkeit als „Abgeordnete“ das politische Weltgeschehen in den vergangenen Monaten natürlich besonders aktiv verfolgt. Wir haben fünf von ihnen zu einem kleinen Interview eingeladen, um über Politik, das Projekt MUN und die Zeit in New York zu sprechen.
Alexandra Höfler (Staatswissenschaften-Sozialwissenschaften und Kommunikationswissenschaft):
Wenn du mit einem Politiker oder Diplomaten deiner Wahl einen Kaffee trinken könntest, wer wäre das?
Ich würde gerne mit dem türkischen Präsident Erdogan Kaffee trinken und fragen, was er sich bei seiner Politik denkt.
Was war dein besonderer Moment in New York?
Der Besuch in der General Assembly und das Gruppenfoto am Timesquare, weil man da sehen konnte, wie wir als Gruppe zusammen gewachsen sind.
Stell dir vor, du dürftest vor der echten UN ein Thema deiner Wahl besprechen, was wäre das?
Ganz klar: Ending Violence against Women, also über das Thema Gewalt an Frauen.
Was war der wichtigste Aspekt in der Vorbereitung auf MUN?
Die GerMUN-Konferenz in Weimar. Wir wissen jetzt, wie viel konzentriertes Arbeiten trotz Schlafmangels noch möglich ist.
Wie hat MUN dich als Studentin und als Mensch beeinflusst?
Durch MUN konnte ich viele neue Menschen kennenlernen. Ich habe mehr Selbstbewusstsein bekommen, was das freie Sprechen vor vielen Leuten betrifft, und auch das Improvisieren.
Rebecca Hosterbach (Internationale Beziehungen und Staatswissenschaften-Rechtswissenschaft):
Wenn du mit einem Politiker oder Diplomaten deiner Wahl einen Kaffee trinken könntest, wer wäre das?
Ich würde mit der amerikanischen Diplomatin Sally Shelton-Colby einen Kaffee trinken gehen.
Was war dein besonderer Moment in New York?
Der Moment, in dem wir am Times Square mitten in New York als eine Gruppe verrückter Touristen erkannt wurden.
Stell dir vor, du dürftest vor der echten UN ein Thema deiner Wahl besprechen, was wäre das?
Da das System der UN in manchen Punkten an seine Grenzen stößt, wie z.B. das Vetorecht der 5P’s im Sicherheitsrat, würde ich das Thema einer „Reform der UN“ sehr gern besprechen.
Was war der wichtigste Aspekt in der Vorbereitung auf MUN?
Der wichtigste und hilfreichste Aspekt der Vorbereitung auf MUN war der Besuch der venezolanischen Botschaft, wo wir nochmal wichtige Tipps bekommen haben, wie man Venezuela zu bestimmten Themen in unseren Komitees vertritt.
Wie hat MUN dich als Studentin bzw. als Mensch beeinflusst?
Durch MUN hat man die einmalige Chance, mit Menschen unterschiedlichster Kulturen Themen zu erarbeiten und zu diskutieren. Dadurch lernt man nicht nur über die Themen selbst etwas, sondern man lernt auch, auf andere Menschen zuzugehen. Dadurch kann ich sagen, dass ich ein wenig über mich selbst hinausgewachsen bin.
Jan-Eike Schönfelder (Internationale Beziehungen und Staatswissenschaften-Sozialwissenschaften):
Wenn du mit einem Politiker oder Diplomaten deiner Wahl einen Kaffee trinken könntest, wer wäre das?
Gesine Schwan. Sie ist eine sehr kluge, besonnene Frau, die sich ebenfalls für Politikwissenschaften und Bildung interessiert. Außerdem würde ich sie wählen, weil sie im Gegensatz zu Personen, die aktuell wichtige Ämter innehaben, mir einfach ihre eigene Meinung sagen könnte und nicht irgendwelche Standardfloskeln benutzen würde. Von den aktuell prominenten Politikern/Diplomaten würde ich gern mal mit Barack Obama sprechen, weil er ein sehr netter und cooler Typ zu sein scheint und meiner Auffassung nach einer der besten Präsidenten, die die USA in den vergangenen Jahrzehnten hatten.
Was ist dein besonderer Moment in New York?
Diese Frage haben wir auch schon intern am vorletzten Abend besprochen und sie ist echt schwierig zu beantworten, weil wir so viele herausragende Momente hatten. Vielleicht würde ich ebendiesen Abend herausstellen, an dem jeder von uns ehrlich und ausführlich seine Zeit mit der MUN-Gruppe reflektiert hat, das war wunderschön und echt berührend. Danach sind wir noch zusammen in eine Karaoke-Bar gegangen, wo wir sehr viel Spaß hatten. Wir sind echt eine tolle Gruppe!
Stell dir vor, du dürftest vor der echten UN ein Thema deiner Wahl besprechen, was wäre das?
Ich würde gerne mal ernsthaft über die nicht mehr zeitgemäße Struktur der UN reden und besonders an die privilegierten P5-Länder appellieren, anderen wichtigen Ländern den Einfluss einzuräumen, der ihnen gebührt. Ich denke, die internationale Gemeinschaft würde davon langfristig profitieren. Wenn ich mehr Ahnung vom Weltklima hätte, würde ich auch den Klimawandel in seiner Dringlichkeit weiter ansprechen, wie Al Gore 2007.
Was war der wichtigste Aspekt in der Vorbereitung auf MUN?
Die Vorbereitung jede Woche im Seminar durch die Betreuer war natürlich sehr wichtig und hat uns – auch gerade im Vergleich mit anderen Delegationen – sehr weit gebracht. Am wichtigsten an MUN ist aber, dass man offen und lernbereit in die Seminare und die Konferenzen geht. Man sollte Lust daran finden, Reden zu halten und durch das Feedback kontinuierlich besser zu werden, in Gesprächen mit den unterschiedlichsten Menschen diplomatisches Verhandeln zu erproben und sich immer auf Neues einzulassen. Wer nicht wissbegierig oder kritikfähig ist, für den ist MUN eher nichts.
Wie hat MUN dich als Student und als Mensch beeinflusst?
Es hat großen Einfluss auf mich als Student, weil ich jetzt viel besser weiß, welche Aspekte des Politiker- bzw. Diplomaten-Daseins ich mag und welche nicht. Wir haben viele verschiedene Themen bei den Konferenzen angesprochen und in Washington und New York mit Diplomaten und Vertretern der Weltbank, des IWF und vielen mehr gesprochen. Jetzt kann ich mit Blick auf mein Studium und meine Zukunft meine Schwerpunkte verändern, weil ich nun viel eher weiß, was ich wirklich will. Ich denke außerdem, dass mir die vielen Stunden, die ich mit den anderen „MUNies“ sowie mit anderen Delegationen verbracht habe, viel soziale Kompetenz und vor allem einfach Freude gebracht haben.
Jascha Rittmann (Internationale Beziehungen und Staatswissenschaften-Wirtschaftswissenschaft):
Wenn du mit einem Politiker oder Diplomaten deiner Wahl einen Kaffee trinken könntest, wen würdest du wählen?
Kofi Annan.
Was war dein besonderer Moment in New York?
Das letzte Debriefing, in dem wir alle noch einmal festgestellt haben, wie gut wir als Gruppe zusammengewachsen sind, obwohl das so erstmal niemand erwartet hat.
Stell dir vor, du dürftest vor der echten UN ein Thema deiner Wahl besprechen, was wäre das?
Die aktuellen Probleme von Ländern des afrikanischen Kontinents und wie man als internationale Gemeinschaft dazu beitragen könnte, diese zu lösen, um die angesprochenen Länder im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger zu machen.
Was war der wichtigste Aspekt in der Vorbereitung auf MUN?
Wir hatten für New York-MUN ziemlich viele coole Termine und waren bei sehr interessanten Organisationen (u.a. IMF, WorldBank, Atlantic Council). Aber besonders die Art und Weise zu sehen und zu hören, wie die offiziellen Diplomaten Venezuelas (in der Botschaft in Berlin und beim „mission briefing“) über ihr Land gesprochen haben, war für mich interessant und hilfreich für Verhandlungen in der Konferenz.
Wie hat MUN dich als Student und als Mensch beeinflusst?
Ich habe einen guten Einblick in die Funktionsweise der UN bekommen. Außerdem denke ich, durch die Reden, die ich gehalten habe (in New York zum Beispiel vor 300 Personen), mehr Sicherheit in der Art und Weise wie ich etwas vortrage, bekommen zu haben.
Julia Winzer (Kommunikationswissenschaft und Internationale Beziehungen):
Wenn du mit einem Politiker oder Diplomaten deiner Wahl einen Kaffee trinken könntest, wer wäre das?
Nachdem wir uns in der Vorbereitung auf New York so ausführlich mit Venezuela beschäftigt haben, würde ich mich gern mal mit Hugo Chávez unterhalten. Ansonsten hätte ich sehr gerne Helmut Schmidt kennengelernt.
Was war dein besonderer Moment in New York?
Da gab es so viele. Unser Fotoshooting am Times-Square, der Abend in der Karaoke-Bar, der Nachmittag, an dem wir als riesen Gruppe in schicker Business-Kleidung den Five Guys Burgerladen aufgemischt haben.... Eigentlich war die gesamte Zeit ziemlich besonders.
Stell dir vor, du dürftest vor der echten UN ein Thema deiner Wahl besprechen, welches wäre das?
Die Förderung des Kontaktes und der Verständigung besonders zwischen jungen Menschen verschiedener Kulturen bzw. Religionen.
Was war der wichtigste Aspekt in der Vorbereitung auf MUN?
Jede Konferenz, die wir vor New York besucht haben. Das ist ziemlich viel „learning by doing“, je öfter man all das mitgemacht hat, desto besser sitzt alles und mit jeder Rede, die man hält, wird man sicherer und traut sich mehr.
Wie hat MUN dich als Studentin und als Mensch beeinflusst?
MUN hat mir vor allem dabei geholfen, meine rhetorischen Fähigkeiten zu verbessern und was öffentliches Reden angeht, bin ich um einiges selbstsicherer geworden. All die tollen Menschen, die ich in meiner MUN-Zeit kennengelernt habe, haben mein Leben sehr bereichert. Außerdem habe ich gelernt, mit wie wenig Schlaf mein Körper tatsächlich auskommt (schmunzelt).