"Manche der Studierenden sind durch unsere Kooperation und ein Praktikum auch schon mal an eine befristete Stelle am Landtag gekommen." Wito Schwanengel sieht zufrieden aus, wenn er von der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Thüringer Landtag und der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt spricht. "Die Kooperation soll einen Austausch von Wissenschaft und Praxis ermöglichen", sagt der Staatswissenschaftler. "Einerseits sollen Forschungsergebnisse und wissenschaftlicher Sachverstand in parlamentarische Prozesse einfließen, zum Beispiel mit Fachtagungen, Publikationen oder anderen wissenschaftlichen Beiträgen. Andererseits soll der Praxisbezug der universitären Lehre verstärkt werden." Um das zu gewährleisten, wurde die seit gut zehn Jahren bestehende Kooperationsbeziehung durch die Abordnung eines Mitarbeiters des Juristischen Dienstes der Landtagsverwaltung an die Universität intensiviert.
Seit nunmehr drei Jahren ist das Dr. Wito Schwanengel. In dieser Funktion gibt er an der Staatswissenschaftlichen Fakultät Einführungsveranstaltungen zum Staatsrecht, Bachelor-Schwerpunktseminare zu Parlamentsrecht und Parlamentspraxis sowie Master-Seminare im Modul Praktiker-Seminar Recht. "Durch meine praktische Erfahrung im Landtag ist es mir möglich, in diese Lehrveranstaltungen einen größeren Praxisbezug einzubinden", sagt Schwanengel. "Ich kann auf konkrete Beispiele eingehen und auch die Themen behandeln, die in den Lehrbüchern oft zu kurz kommen wie das Fragerecht der Abgeordneten oder die Rechte der Opposition. Außerdem lade ich regelmäßig Kollegen aus dem Landtag in die Seminare ein – Experten, die ihrerseits wieder aus persönlicher Erfahrung sprechen."
Für die Studierenden gibt es darüber hinaus aber noch eine weitere Möglichkeit, innerhalb dieser Kooperation einen stärkeren Bezug zur Praxis zu erhalten: ein Gruppenpraktikum im Landtag. Etwa sechs Studierende aus Schwanengels Seminaren dürfen jährlich daran teilnehmen. Als praktische Ergänzung zu den Seminaren können so ausgewählte Studierende erste Einblicke in die Arbeit des Landtags bekommen. Das Praktikum ist durch ein genaues Tagesprogramm organisiert, das die Gruppe Studierender gemeinsam durchläuft. Viele Punkte auf der Agenda waren zuvor Thema in den Seminaren. Im Landtag besuchen die Studierenden dann Beauftragte, Abgeordnete und Fraktionen, bekommen Einführungen in die Arbeit von Ausschüssen, wie den Petitions- oder Europaausschuss, und nehmen an Sitzungen und Plenen teil.
Florian Hader war in diesem Jahr einer der Teilnehmer. Der Staatswissenschaftsstudent saß in Wito Schwanengels Seminar zum Parlamentsrecht und sicherte sich einen der Praktikumsplätze. "Ich fand es einfach sinnvoll, neben der Theorie im Seminar auch die praktische Seite kennenzulernen. Und es hat sich gelohnt. Das Praktikum war wahnsinnig gut organisiert und strukturiert und auch qualitativ sehr gut." Ein kleines Faible für Bereiche des Nischenrechts solle man als Student aber schon mitbringen, gesteht der 25-Jährige. "Parlamentsrecht ist ja nicht jedermanns Lieblingsbereich, aber ich finde es lohnt sich, da mal reinzuschauen. Es regelt nicht nur die Antragstellung, sondern steuert die gesamte parlamentarische Arbeit. Allein für die politische Allgemeinbildung ist das schon wichtig." Was ihn während des Praktikums am meisten fasziniert hat? "Neben der NS-Gedenkstätte im Abgeordnetenhaus, die mich sehr beeindruckte, hat uns alle sehr fasziniert, wie kooperativ in den Ausschüssen miteinander umgegangen wird, auch fraktionsübergreifend. Im Plenum wird dann aber wieder heftig diskutiert und es geht noch einmal richtig zur Sache, auch wenn man sich eigentlich bereits geeinigt hat", erzählt Hader. Lust auf ein Einzelpraktikum im Landtag habe er nun schon bekommen. Jetzt steht aber erst einmal die Bachelor-Arbeit zum Stiftungsrecht an. Das Gruppenpraktikum wird er weiterempfehlen – sehr zur Freude von Wito Schwanengel: "Ich komme ja eigentlich aus der Wissenschaft und es macht mir sehr großen Spaß, Wissenschaft und Praxis zu verbinden und praktische Elemente in die Lehre der Staatswissenschaft einzubringen. Ich hoffe, dass es weiterhin für beide Seiten eine Bereicherung ist!"