Am vergangenen Mittwoch haben die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt und das Katholische Forum im Land Thüringen gemeinsam ihre neue Veranstaltungsreihe “Theologie im Gespräch” im Erfurter Rathaus eröffnet. Über 120 Gäste waren im Festsaal erschienen, um mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bundes- und Landespolitik über aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu diskutieren.
Auf dem Podium vertreten waren die ehemalige Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), die amtierende Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund (Bündnis 90/Die Grünen) sowie der Landesvorsitzende der Jusos Thüringen, Oleg Shevchenko. Theologische Schlaglichter auf die Diskussion brachten der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Michael Gabel sowie die christliche Sozialethikerin Prof. Dr. Elke Mack von der Universität Erfurt ein.
Unter der titelgebenden Frage des Abends, “In was für einer Welt wollen wir leben?”, griffen die Referentinnen und Referenten eine breite Palette aktueller Themen auf: Der Umgang mit globaler Ressourcenknappheit und ethische Verantwortung in internationalen Handelsbeziehungen wurde ebenso angesprochen wie dringende Fragen des Naturschutzes. Mit Blick auf Deutschland und insbesondere den Freistaat Thüringen diskutierte man weiterhin über Chancengleichheit etwa im Bildungswesen sowie ein Wohlstandsgefälle zwischen den alten und neuen Bundesländern und der damit verbundenen Gefährdung des sozialen Friedens. Uneinigkeit zeichnete sich vor allem in weltanschaulich geprägten Diskussionsbeiträgen ab, etwa in Fragen des Lebensschutzes und der aktuellen Debatte um §219.
Bei aller Vielfalt der Themen und Meinungen bestand jedoch in einem Punkt Einigkeit: “Es ist an der Zeit, dass wir wieder darüber reden, worin unsere Werte liegen”, mahnte Umweltministerin Anja Siegesmund. Diese Werte und den dazugehörigen Diskurs gelte es insbesondere gegen extremistische Kräfte zu verteidigen, wie Juso-Landesvorsitzender Oleg Shevchenko weiter ausführte: “Wir müssen offener werden, Haltung zeigen. Die Haltung, die wir hatten, scheint brüchig geworden zu sein.”
Die Rolle der Kirchen sahen die Diskutantinnen und Diskutanten dabei vor allem darin, einen scharfen und kritischen Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen zu wahren. Kirche müsse stets eine aktive Gesprächspartnerin bleiben, die auch bewusst über ihre eigenen Grenzen hinausgeht. “Worauf ich stolz bin”, resümierte Michael Gabel, “ist, dass es uns gelingt, mit Menschen, die selber von sich sagen, dass sie keiner Religion angehören – dass wir uns mit ihnen gemeinsam als Verbündete fühlen in den Anliegen, die uns bewegen.” Gabel betonte damit die besondere Rolle der Kirchen im mehrheitlich areligiösen Thüringen. Christine Lieberknecht verwies in diesem Zusammenhang auch auf die ökumenischen Bemühungen sowie den fruchtbaren weltanschaulichen Dialog, der im Freistaat geführt werde: “Allein, dass wir uns heute Abend mit einer Veranstaltung, die von katholischen Bildungswerken getragen wird, hier im Festsaal des Rathauses zusammenfinden können – das ist doch großartig!”
Die Veranstaltungsreihe wird am 21. November um 19 Uhr im Erfurter Rathaus fortgesetzt. Zur weiteren Diskussion werden Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung a.D. (CDU), sowie die Landtagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Schaft (Die Linke) erwartet. Die Universität Erfurt wird durch den Religionsphilosophen Prof. em. Dr. Eberhard Tiefensee sowie den Moraltheologen Prof. Dr. Josef Römelt vertreten sein.
Bericht & Fotos: Desiree Haak