Im Rahmen ihres Patronatsfestes “Albertus Magnus” hat die Katholisch-Theologische Fakultät auch in diesem Jahr wieder ihren Förderpreis verliehen. Ausgezeichnet wurde Lukas Hennecke für seine Magisterarbeit zum Thema “Einheit in Synodalität? – Römisch-katholisch/orthodoxer Dialog zu Kirche und Kircheneinheit”. Für THEOLOGIE AKTUELL resümiert der Preisträger die Ergebnisse seiner Arbeit. Weiterhin sehen Sie hier die Preisverleihung im Video.
von Lukas Hennecke
Emotionale Ikonenküsse und zahlreiche Bekreuzigungen, nationale Kirchentümer und politische Verflechtungen – die Erfahrungen westlicher Christen von Reisen in orthodox-geprägte Länder lassen in der östlichen Art der Praktizierung des christlichen Glaubens meist wenige Gemeinsamkeiten mit der aus der Heimat gewohnten Kirchlichkeit erkennen. Die repetitiven Gesänge und prächtig ausgeschmückten Kirchen werden häufig als “fremde Welt” erfahren und rufen eher orientalische Fantasien als christliche Bilder in den Köpfen der touristischen Beobachter hervor. Darüber hinaus wird dieses fremde Mysterium häufig als stark rückständig empfunden. Der allgemeine Eindruck: Um als katholische Kirche im 21. Jahrhundert anzukommen, haben wir aus dem christlichen Osten kaum fortschrittliche Impulse zu erwarten.
Meine Magisterarbeit mit dem Titel “Einheit in Synodalität? – Römisch-katholisch/orthodoxer Dialog zu Kirche und Kircheneinheit” könnte die Weltsicht eines solchen interessierten Rezipienten auf den Kopf stellen: Das Kirchenbild der Orthodoxie weist nicht nur weitgehende Übereinstimmung mit der römisch-katholischen Ekklesiologie auf, sondern impliziert zudem historisch gewachsene und für katholische Verhältnisse fortschrittlich wirkende Elemente, die im römischen Katholizismus so manches Mal als der Tradition widerstrebende Forderungen abgetan werden. In erster Linie kam es mir in meiner Magisterarbeit dabei auf die große Wertschätzung der Synodalität durch die orthodoxe Kirche an, die zentralistische Dirigate trotz weltkirchlicher Dimension der Orthodoxie ausschließt. Dieses ekklesiologische Grundmoment der östlichen Christlichkeit eröffnet vielversprechende Möglichkeiten für eine Einheit verschiedener Kirchen in Form eines synodalen Systems von (bis zu einem gewissen Grad) differierenden Ortskirchen. Für die orthodoxe und die katholische Kirche konnte ich auf der Basis der beiden analysierten Ekklesiologien eine prinzipiell mögliche Kircheneinheit postulieren.
– Lukas Hennecke
Im Anschluss an dieses zentrale Ergebnis meiner Abschlussarbeit möchte ich im Hinblick auf die aktuell im katholischen Binnendiskurs in Deutschland diskutierten Fragen ergänzen: Die Synodalität des christlichen Ostens eröffnet darüber hinaus auch für inner-katholische Streitfragen die Perspektive einer stärkeren Betonung der Ortskirchen im Gesamtgefüge der Weltkirche. Diese Priorisierung der örtlichen Bistümer der katholischen Kirche, wie sie auch das Zweite Vatikanische Konzil bereits in den 1960er-Jahren katholischerseits anvisierte, könnte gegenüber oft mit Rom assoziierten Zentralisierungen den Eindruck der festgefahrenen Starre der katholischen Kirche durch größere örtliche Entscheidungskompetenzen lösen und gleichzeitig individuell-lokale Wege bei bestehender weltweiter Einheit der Kirche ermöglichen.
Die Orthodoxie bietet trotz ihrer scheinbaren Ferne ein riesengroßes Potential: sowohl für die Einheit von katholischer und orthodoxer Kirche, die auf theoretisch-systematischer Ebene möglich ist, als auch für die Einheit weiterer Kirchen untereinander und, so eine Erweiterung der Thematik anlässlich aktueller Fragen, für die Bewältigung aktueller Probleme der katholischen Kirche.
Die Fakultät gratuliert Lukas Hennecke herzlich zur Auszeichnung. Der Förderpreis wird vom Freundeskreis e.V. der Katholisch-Theologischen Fakultät gestiftet und ist mit 1.000 Euro dotiert. Die Verleihung des Preises durch den Vorsitzenden des Freundeskreises, Prof. Dr. Michael Gabel, sehen Sie hier im Video: