Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt hat den Erich-Kleineidam-Preis 2018 an Prof. Dr. Jan Loffeld verliehen. Der Pastoraltheologe erhielt den Preis für seine Habilitationsschrift “Der nicht notwendige Gott. Die Erlösungsdimension als Krise und Kairos des Christentums inmitten seines säkularen Bedeutungsverlustes”. Die Übergabe der Auszeichnung erfolgte am 2. Juli im Rahmen seiner Habilitationsvorlesung zum Thema “‘Dem Volk auf's Maul schauen!” (Martin Luther) Heterogenität und Solidarität als wichtige Navigationskoordinaten des ‘synodalen Weges'”.
Ausgangspunkt und Gegenstand der Studie von Jan Loffeld ist die These, dass die Botschaft von der Erlösung des Menschen, und damit der Kern des christlichen Bekenntnisses in der westlichen Gesellschaft, gegenwärtig kaum noch Akzeptanz und Resonanz finden. In seiner Schrift richtet der Theologe sein Augenmerk auf die Gesellschaft und Kultur des säkularen Mittel- und Westeuropas. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die säkulare Moderne hier dezidiert in Konfrontation zur Religion stehe und diese sukzessiv verdränge. Bedeutend für Pastoral und Verkündigung der christlichen Kirchen erscheint dabei insbesondere seine Beobachtung, dass die Qualität des religiösen Angebots in diesem Kontext keine oder zumindest nur eine geringfügige Rolle spielt.
"Es hat Konsequenzen, wenn Jan Loffeld in seiner Studie als Kern der Krise der Kirche (…) die zurückgehende Relevanz von Erlösung in den modernen, multiperspektivisch geprägten Gesellschaften des westlichen Kulturkreises – aber wohl auch bereits darüber hinaus – identifiziert", erklärte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Dr. Thomas Johann Bauer, in seiner Laudatio. Die gegenwärtige Krise der Kirche sei demnach “nicht einfach in Missständen kirchlichen Lebens, nicht allein im Versagen kirchlicher Funktionsträgerinnen und -träger und nicht allein in Defiziten der Organisation der Kirche begründet.” Strukturelle Reformen für sich allein könnten deshalb nicht die Antwort auf die gegenwärtige Kirchenkrise sein. Ihre Ursachen lägen tiefer und seien weit weniger leicht zu beheben. "Es geht nämlich nicht um eine Krise der Organisation und sozialen Wirklichkeit der Kirche, es geht um eine Krise des Evangeliums", erörterte Bauer in Anlehnung an Loffeld weiter: "Das schwindende Bewusstsein um die eigene Schuld und Sünde sowie um die Notwendigkeit von Erlösung und das gesteigerte Empfinden von Individualität mit dem Bedürfnis des modern aufgeklärten Menschen nach größtmöglicher Selbstbestimmung in allen Bereichen des Lebens, führen in Mittel- und Westeuropa zu einer stetig fortschreitenden Entfremdung zwischen Glaube und Kultur. Im Industriezeitalter und in der Moderne, wo Konsum und Selbstverwirklichung die gesellschaftliche Realität und Kultur bestimmen, werden die Religion und mit ihr auch die Heilsbotschaft des Christentums diesen Kriterien unterstellt und im Kontext von Konsum und Selbstverwirklichung vom Individuum bewertet." Folglich kommt Loffeld in seiner Habilitationsschrift zu der Erkenntnis, dass eine säkulare Gesellschaft keine Erlösungsreligion benötige. Es sei damit eben diese "Nicht-Notwendigkeit", die die aktuelle Krise der Kirche auszeichne.
Mit der Vergabe des Förderpreises ehrt die Fakultät den Gründungsrektor des ehemaligen Philosophisch-Theologischen Studiums Erfurt, Erich Kleineidam. 2004 war aus dem Philosophisch-Theologischen Studiums durch die Integration in die Universität Erfurt die heutige Katholisch-Theologische Fakultät hervorgegangen. Der Preis aus Kleineidams Nachlass dient zur Förderung der Erforschung des Katholizismus im öffentlichen Raum der Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung der historischen Situation Ost- und Mitteldeutschlands sowie der Religiosität und Konfessionalität in dieser Region.
Den Vortrag von Prof. Dr. Jan Loffeld gibt es auch zum Nachhören im Podcast des Bistums Erfurt und der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt "Hörenswertes im Bistum Erfurt".