Begegnungen zwischen Phänomenologie und Theologie: Ein Interview mit Dr. Anna Varga-Jani zu ihrem Gastaufenthalt in Erfurt

Personalia
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Dr. Anna Varga-Jani ist Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei dem Makovecz Campus Alapítvány, Collegium Professorum Hungarorum in Piliscsaba, und Lehrbeauftragte an der Sapientia Ordenshochschule für Theologie in Budapest. Im Juni und im Oktober 2023 war sie Gastwissenschaftlerin an der Professur für Philosophie.

Dr. habil. Anna Varga-Jani
Dr. habil. Anna Varga-Jani

Worum geht es in Ihrem aktuellen Forschungsprojekt und mit welchen Fragen und Erwartungen sind Sie nach Erfurt gekommen?

Ich arbeite gerade an der Erweiterung meines Forschungsumfeldes in Richtung der phänomenologischen Methode, die sich mir in unterschiedlichen Hinsichten schon seit Langem als ein besonders wichtiges Forschungsthema herauskristalliert hat. Während ich dieses Thema früher, in der Monographie Edith Steins Denkweg von der Phänomenologie zur Seinsphilosophie (Würzburg 2015) nur ganz nebensächlich untersucht und später in The Ontological Roots of Phenomenology (Lexington 2022) im Zusammenhang mit der Seinsfrage betrachtet habe, macht die Auseinandersetzung der unterschiedlichen Generationen der Husserlschen Phänomenologie nun den Leitfaden meiner derzeitigen Forschung aus. Es steht hier weiterhin die Seinsfrage, Transzendnetalität, Welterfahrung im Mittelpunkt der Forschung, aber der Fokus liegt auf der generationellen Verschiebung der phänomenologischen Fragestellung und die daraus folgenden Konsequenzen für die Bedeutung der Methodologie.

Wenn  sich jetzt die Frage stellt, was die hier dargestellten Forschungsprobleme mit der Theologischen Fakultät in Erfurt verbindet, könnte ich sagen, dass eben die hinter der phänomenologischen Methodenfrage stehenden Problemstellungen, sowie die Aufteilung der Fragestellung auf die generationellen Annäherungen den Erfurter Aufenthalt begründen: in der Phänomenologie steckt hinter der Seinsfrage immer eine theologische Frage, eine Frage nach dem Existenz Gottes und der menschlichen Beziehung zu diesem, die aber generationell (bei Stein, Heidegger oder Fink) in unterschiedlicher Weise gestellt wird. Die besondere Aufgabe des Forschungsprojekts liegt darin, diese Unterschiede innerhalb der Gemeinsamkeiten aufzuschlüsseln  und ins Zentrum der Auslegung zu setzen.

Gibt es eine Begegnung oder ein Gespräch, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Ich erinnere mich sehr gerne auf alle die Gespräche, die ich in Erfurt führen konnte. An ein besonderes Gespräch kann ich mich nicht erinnern, oder besser gesagt: Ich will kein Einzelnes in den Vordergrund stellen, weil eben die Vielfältigkeit und Tiefe der Gespräche in meinem Gedächtnis lebendig geblieben sind, wo jedes Gespräch auf seine eigene Art eine besondere Bedeutung hat. Ich hatte die Gelegenheit in Erfurt sehr interessante und bemerkenswerte Personen kennenzulernen, mit denen ich vielfältige Gespräche durchführen und von denen ich viel lernen konnte.

Dies sind vielleicht die wichtigsten Merkmale der einzelnen Begegnungen und Gespräche, dass man von jedem etwas mitnehmen und sich gegenseitig etwas geben kann.

Trotzdem ist es beeindruckend, dass ich – manchmal ganz unerwartet – sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten begegnen durfte, welche auf indirekte Weise auf meine Forschungsaktivität einen positiven Einfluss hatten. Ich freue mich sehr über die neuen Bekanntschaften und hoffe, dass die angefangenen Gespräche irgendwie weitergeführt werden können; und wenn es auch manchmal schwierig ist, Abschied zu nehmen, schafft ja gerade die Wissenschaft eine Verbindung, die es uns ermöglicht, den Kontakt miteinander irgendwie aufrecht zu erhalten oder erneut aufzunehmen.

Inwiefern hat der Aufenthalt an der Theologischen Fakultät zur Klärung dieser Fragen beigetragen und welche Anregungen konnten Sie für Ihre Forschung mitnehmen?

Der Forschungsaufenthalt an der Professur für Philosophie in Erfurt hat mir mehr gegeben als ich erwartet hatte. Er hat nicht nur zu einer besseren Orientierung in meinem derzeitigen Projekt beigetragen, sondern hat mir insgesamt einen Anstoß zur Weiterführung des Projekts und Ermutigung und Bestärkung bei der Planung des Forschungsvorhabens gegeben.

Daneben habe ich durch die Veranstaltungen, an denen ich teilnehmen konnte, einen Einblick ins Alltagsleben der Theologischen Fakultät gewonnen, der mir einige Anregungen für Initiativen an meinem Heimatsinstitut gegeben haben.

Abschließend lässt sich über meinen Aufenthalt in Erfurt sagen, dass gerade die wichtigste Erfahrung darin besteht, dass ich auf die vorherigen Fragen keine abschließenden Antworten geben kann, die dann zu einer Art abschließenden Erkenntnis beitragen würden, sondern dass man eher mit Heidegger sagen könnte: „das Fragen baut an einem Weg. […] Der Weg ist ein Weg des Denkens.“ Auf diesem denkerischen Weg Zeit für Zeit fortgehen, und den Weg weiterbauen zu können ist meines Erachtens das wichtigste Ergebnis und die größte Herausforderung für Forscherinnen und Forscher.

Weitere Informationen zu Dr. Anna Varga-Jani erhalten Sie auf ihrer persönlichen Homepage.

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