Große Fallhöhen, große Chancen – Desiree Haak gibt in einer Rückschau einen Einblick in das Projekt "Wissenstransfer"

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Desiree Haak
Desiree Haak

Vom November 2016 bis zum September 2020 war Desiree Haak an der Katholisch-Theologischen Fakultät im Projekt Wissenstransfer tätig. Für den Newsletter Theologie blickt sie noch einmal zurück auf ihre Zeit an der Fakultät und zieht eine erste Bilanz über das Projekt Wissenstransfer.

Als erstes würde ich gerne auf Ihre Anfänge im Wissenstransfer zurückschauen. Welche Vorstellung hatten Sie vom Projekt Wissenstransfer als Sie an die Fakultät kamen?

Mit dem Wissenstransfer wurde eine fakultätseigene Anlaufstelle für Wissenschaftskommunikation geschaffen, die nicht nur im Dienst der Hochschule, sondern auch einer mündigen Gesellschaft steht. Die Bedeutung eines solchen Projektes ist in meinen Augen gleich vor mehreren Hintergründen hervorzuheben: Zum einen haben neue Medien die Mechanismen der öffentlichen Meinungsbildung nachhaltig verändert. Zum anderen beobachten wir in den vergangenen Jahren eine zunehmende Wissenschaftsskepsis, die den gesellschaftlichen Diskurs immer weiter an die extremen Ränder verschiebt.

Derlei Entwicklungen können durch ein Projekt wie den Wissenstransfer effektiv adressiert werden. Mir gefiel die Vorstellung, dass ausgerechnet die Katholisch-Theologische Fakultät der Uni Erfurt – die als einzige katholisch-theologische Fakultät in den neuen Bundesländern in mancherlei Hinsicht eine Sonder- und Vorreiterrolle einnimmt – dies erkannte und sich mit dem Wissenstransfer bewusst auf eine veränderte (Medien-)Gesellschaft mit neuen Bedürfnissen einstellte.

Sie haben die großen Chancen, aber auch die große Fallhöhe eines solchen Projekts angesprochen. Welche Schwerpunkte haben Sie rückblickend in dem Projekt setzen können?

Wissenschaftskommunikation verfolgt das Ziel, Forschung und akademische Arbeit für eine fachfremde Öffentlichkeit aufzuarbeiten. In den atheistisch geprägten neuen Bundesländern, in denen die Öffentlichkeit den Kirchen bestenfalls mit wohlwollender Gleichgültigkeit begegnet, eine sicher nicht ganz einfache Aufgabe.

Umso wichtiger war es mir (als Atheistin) Themen und Formate herauszuarbeiten, die Bürgerinnen und Bürger auch in ihren kirchenfernen Lebenswirklichkeiten ansprechen. Auch war es mein Ziel, dabei den Dunstkreis der Hochschule und kirchliche Binnenstrukturen zu verlassen. Ich hoffe, dass mir dies u.a. mit öffentlichen Diskussionsabenden im städtischen Rathaus, mit einem Podcast, in dem Priester ebenso Gehör finden wie Landtagsabgeordnete, aber auch mit einem Fakultätsblog, der theologische Stimmen zum weltlichen Zeitgeschehen anbot, gelungen ist. Der jederzeit aufgeschlossene Geist, der mir an der Fakultät gegenüber neuen Themen und Projekten begegnete, war mir dabei stets eine unschätzbare Hilfe.

Mit Ihrem Weggang und dem Auslaufen des Projekts Wissenstransfers kommt es zu einer Zäsur. Mit Blick auf die Zukunft: Warum braucht die Fakultät aus Ihrer Sicht dieses Projekt?

Das Mantra von der Wissenschaftskommunikation wird mittlerweile allerorten beschworen. Kaum ein Fördermittelantrag geht heute noch durch, ohne dass Forscherinnen und Forscher plausibel darlegen können, wie sie ihre wissenschaftliche Arbeit mit der Öffentlichkeit zu teilen gedenken. Und das aus gutem Grund (Stichwort: Wissenschaftsskepsis). Doch dem Wunsch, sichtbar über den gesellschaftlichen Mehrwert der eigenen Forschung zu sprechen, steht häufig ein Ressourcenmangel gegenüber.

Gerade die Schnelllebigkeit moderner Medien verleitet zu der Annahme, dass guter Inhalt hierfür ebenso schnell produziert ist wie er konsumiert wird. Aber weit gefehlt: Hier ein Tweet, da ein Blogpost und obendrauf eine Diskussion via Livestream – unsere Möglichkeiten zu kommunizieren sind vielfältiger denn je und gerade deswegen umso komplexer. Gute Wissenschaftskommunikation ist nichts, was „einfach so nebenherläuft". Gute Wissenschaftskommunikation braucht eine Strategie, Knowhow sowie personelle und finanzielle Ressourcen. Diese Ressourcen kann ein Projekt wie der Wissenstransfer der Katholisch-Theologischen Fakultät anbieten.

Nicht zuletzt sollten wir uns aber auch umgekehrt die wichtige Frage stellen: Warum braucht die Gesellschaft – auch hier in den neuen Bundesländern – dieses Projekt? Die Antwort darauf finden wir in meinen Augen in einer globalen Welt, in der Kulturen und Weltanschauungen zunehmend miteinander verflochten sind. In einer solchen Welt müssen wir Schlüsselkompetenzen wie Dialogbereitschaft, Respekt und Toleranz immer wieder aufs Neue einüben. Dazu kann der Wissenstransfer an einer katholisch-theologischen Fakultät inmitten einer Diaspora wesentlich beitragen.

Zum Schluss will ich gerne noch einmal nach vorne schauen. Wo verschlägt es Sie jetzt hin? 

Seit Ende des vergangenen Jahres betreue ich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Fraunhofer-Institutes für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF. Das Institut erforscht, wie Licht als Werkzeug z.B. in Industrie oder Wirtschaft genutzt werden kann, aber auch welcher gesellschaftliche Nutzen sich aus neuesten lichtbasierten Technologien ergibt. 

Der Sprung von der Theologie in die Physik ist dabei überraschend klein. Die Vorstellung von winzigen Lichtteilchen ist für den einen genauso abstrakt wie für den anderen die Vorstellung von Gott. In beiden Fällen gilt daher: Wissenschaftskommunikation will uns für die Dinge sensibilisieren, die wir noch nicht kennen – und über die wir gerade deswegen gemeinsam sprechen sollten.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben. Ihnen alles Gute für Ihre neue Stelle!

(Fragen und Redaktion: Angelika Abel)