Herzlich willkommen, Prof. Dr. Erik Weber!

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Featurebild Prof. Dr. Erik Weber

Er ist das neue Gesicht der Professur für „Inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung“ an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät: Erik Weber startet zum 1. Oktober seine Tätigkeit an der Universität Erfurt. „WortMelder“ stellt den neuen Kollegen hier einmal genauer vor…

Der heute 54-Jährige ist in Boppard am Rhein geboren, studierte Heilpädagogik an der Universität zu Köln und war Erasmus-Stipendiat an der Universität Bologna/Italien. Er wurde 2004 zum Thema „De-Institutionalisieren: Konzeptionen, Umsetzungsmöglichkeiten und Perspektiven zwischen fachwissenschaftlichem Anspruch und institutioneller Wirklichkeit“ an der Heilpädagogischen Fakultät der Universität zu Köln promoviert und war später auch an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, an den Universitäten in Gießen und Koblenz-Landau sowie als Professor für „Integrative Heilpädagogik/Inclusive Education“ an der Evangelischen Hochschule Darmstadt und zuletzt als Professor für „Rehabilitationspädagogik mit dem Schwerpunkt Beratung“ an der Philipps-Universität Marburg tätig. Darüber hinaus bringt er mehrjährige Berufserfahrung in der Behindertenhilfe und als Referent in der Erwachsenenbildung mit. Weber ist zudem Vorsitzender der Deutschen Heilpädagogischen Gesellschaft (DHG) e.V. – also insgesamt eine Menge Erfahrung, von der sowohl die Studierenden als auch die wissenschaftlichen Kolleg*innen an der Universität Erfurt profitieren können.

„An der Aufgabe in Erfurt hat mich der Zuschnitt auf die Bildungsprozesse und Lebenssituationen von Menschen, die als geistig behindert bezeichnet werden, gereizt und der Fokus auf sogenannte schwere Behinderungen“, sagt Erik Weber. „Dieser Personenkreis begleitet mich schon mehrere Jahrzehnte und weil dieser als besonders vulnerabel gilt, bedarf er der fokussierten Aufmerksamkeit in Forschung und Lehre, im Unterricht und in der alltäglichen Lebensbegleitung. Das ist mein Thema.“

Menschen, die als geistig behindert bezeichnet werden, sind Weber erstmals im Rahmen seines Zivildienstes direkt begegnet – und zwar in einer Psychiatrie. „Das hat mich nicht losgelassen und die damals schon beobachteten Prozesse der sozialen Isolation haben mein wissenschaftliches Interesse geweckt. Ich habe bereits als Student in Italien ein inklusives Schulsystem kennengelernt und mich für die demokratische Psychiatrie Franco Basaglias interessiert, woraus sich vielfältige Diskurse und Forschungsvorhaben rund um die Lebenssituation dieser Personen herausgebildet haben – ich denke dabei an Rehistorisierung von Lebensgeschichten, Assistenz, soziale Inklusion, aber auch Isolation und Gewaltverhältnisse. Ausgestattet mit diesen vielfältigen Erfahrungen, kann ich, denke ich, künftige Lehrkräfte und auch Studierende anderer Studiengänge im Rahmen inklusiver Bildungsprozesse bei geistiger und schwerer Behinderung dafür begeistern, dass es beruflich sehr bereichernd sein kann, mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu arbeiten, die diesem Personenkreis zugeordnet werden.“

In seiner Forschung interessiert sich Erik Weber insbesondere für die Prozesse sozialer Isolation in Bildungs- und Lebenssituationen von Menschen, die als geistig behindert bezeichnet werden. Der Fokus auf sogenannte „schwere Behinderungen“ spielt für ihn dabei eine zentrale Rolle. Aktuell befasst er sich mit der sogenannten Einsamkeitsforschung – daraus dürften sich aus seiner Sicht künftig einige Forschungsprojekte ergeben.

Wer ihn in seiner wissenschaftlichen Karriere am meisten inspiriert hat, wollen wir wissen. Dazu fallen dem neuen Kollegen gleich mehrere Personen ein: sein Doktorvater, Prof. Dr. Walther Dreher, dem er es verdanke, früh in internationale Projekte eingebunden gewesen zu sein. Sein Lehrer in Bologna/Italien, der Pädagoge Prof. Dr. Nicola Cuomo, der Weber gezeigt hat, dass es sich lohnt, für inklusive (Bildungs-)Prozesse einzutreten und auch dafür zu kämpfen. „Genannt sein müssen aber auch Prof. Dr. Georg Feuser und der Zweitgutachter meiner Dissertation, Prof. Dr. Wolfgang Jantzen: Beide, maßgeblich an der Erarbeitung einer materialistischen Behindertenpädagogik beteiligt, haben mich immer wieder inspiriert, zum einen durch ihre sehr kritischen Analysen, auch gesellschaftlicher Prozesse, zum anderen aber auch als Menschen, die für ihre Überzeugungen stehen und sie durchsetzen. Ich stelle gerade leider fest, dass das alles Männer sind. Das zu analysieren, wäre sicher auch ein Forschungsprojekt wert: Wer ist wo, wann, wie lange und warum diskursleitend?...“

Es „rattert“ permanent in Erik Weber. Neugierig ist er und voller Tatendrang. Gut für die Erfurter Studierenden, die sich ab dem Wintersemester 2024/25 auf Lehrveranstaltungen freuen können, in denen es um die Ermöglichung inklusiver Teilhabe- und Bildungsprozesse in der Lebensspanne von Menschen, die als geistig behindert bezeichnet werden, geht. Dabei werden ganz verschiedene Teilhabbereiche, z.B. Bildung, Arbeit, Freizeit und Wohnen, in den Blick genommen. „Ich möchte das besondere Verhältnis zur Welt und den Menschen, wie Vygotskij es formuliert hat, zum Gegenstand machen, also die kritische Analyse von exkludierenden Strukturen. Aber auch allgemeine Fragen der Heil- und Sonderpädagogik werden Themen sein, beispielsweise die Diskursfelder Selbstbestimmung, Assistenz und Empowerment. Die Lebenssituation von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und hohen Unterstützungsbedarfen wird hier im Zentrum stehen. Hinzu kommen Auseinandersetzungen mir Fragen der Forschung in den oben genannten Feldern, auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen partizipativer Forschungsansätze“, kündigt Weber an.

Am 1. Oktober geht’s los. Auf dem Campus in Erfurt. Die Stadt ist für ihn dabei keine Unbekannte: „Ich mag sie als Ganzes sehr“, sagt er. „Und ich finde ihr kulturelles Erbe genauso interessant wie den Nordstrand. Als begeisterter Theatergänger bin ich darüber hinaus besonders neugierig auf das Erfurter Theater und die anderen Bühnen, da gibt es sicherlich viel zu entdecken.“ Er sei nämlich ein leidenschaftlicher Theater-, Konzert- und Operngänger, sagt er von sich selbst. „Da komme ich zur Ruhe und tanke Energie für alles andere. Klingt ein wenig aus der Mode gekommen, aber das Live-Erlebnis in einem Theater ist für mich durch nichts zu ersetzen.“

Wir wünschen dem neuen Kollegen eine spannende Entdeckungstour, einen wunderbaren Start an der Universität Erfurt und sagen: Herzlich willkommen, Prof. Dr. Erik Weber!