Nachgefragt: "Was feiern die Juden an Chanukka, Frau Dr. Bergmann?"

Gastbeiträge

In diesem Jahr feiern Christen das Weihnachtsfest und Juden das Chanukka-Fest ungefähr zeitgleich. Doch was genau wird eigentlich an Chanukka gefeiert? „WortMelder“ hat bei Dr. Claudia Bergmann, Projektkoordinatorin im Research Centre „Dynamics of Jewish Ritual Practices in Pluralistic Contexts from Antiquity to the Present“ der Universität Erfurt nachgefragt:

PD Dr. Claudia D. Bergmann
Claudia Bergmann

„Das Chanukka-Fest wird in diesem Jahr, dem Jahr 5777 nach jüdischer Zählung, vom 25. Dezember bis 1. Januar 2017 gefeiert. ‘Chanukka‘ bedeutet ‚Weihung‘ oder ‚Einweihung‘, das Fest Chanukka wird jährlich und acht Tage lang gefeiert und gedenkt der Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahre 164 vor der Zeitenwende.

In der Entstehungsgeschichte des Festes vermischen sich historische Gegebenheiten und legendarische Vorkommnisse. In den Jahren vor 164 war es den Juden verboten, ihren jüdischen Riten nachzugehen und Tora zu lernen. Immer, wenn Gefahr bestand, dass sie bei ihrer Religionsausübung von den Machthabern gesehen werden konnten, versteckten sie die Tora und spielten stattdessen mit dem Dreidel ein Kreiselspiel, heißt es. Im Jahr 164 setzten sich dann die Makkabäer, eine jüdische Untergruppe, gegen zwei weitere jüdische Gruppen, die vom Hellenismus beeinflusste Juden und die makedonischen Seleukiden, durch. Sie erlaubten die Religionsausübung wieder, führten den traditionellen jüdischen Tempeldienst wieder ein und beseitigten den Zeus-Altar, der damals im Jerusalemer Tempel stand. Im Tempel befand sich auch die Menora, der siebenarmige Leuchter. Aufgrund des Krieges, heißt es, fanden die Makkabäer nur noch einen Krug geweihtes Öl vor, das gerade einmal für einen Tag reichen würde. Wie durch ein Wunder aber habe das Licht im neu geweihten Tempel jedoch acht Tage lang gebrannt, so lange, bis neues geweihtes Öl hergestellt werden konnte.

An diese Legende erinnert die Tradition des Chanukka-Leuchters, auf dem jeden Tag ein Licht mehr angezündet wird, bis am Ende alle acht brennen. Ein neunter Lichthalter auf der Menora gilt als ‚Diener‘, mit dem die anderen Lichthalter angezündet werden.

Chanukka wird vor allem als Familienfest zu Hause gefeiert. Die Kinder bekommen kleine Geschenke und Süßigkeiten, gegessen werden in Öl gebackene Teigwaren oder Kartoffelpuffer. Gebete, Lieder und die Chanukka-Geschichte dürfen an keinem der Chanukka-Abende fehlen. Auch das Spenden für wohltätige Zwecke hat in diesen Tagen Tradition. Beliebt ist auch heute noch das Spiel mit dem Dreidel, auf dem vier hebräische Schriftzeichen stehen: Nun, Gimel, He und Schin. Diese Initiale bilden den hebräischen Satz „Ein großes Wunder geschah dort.“ Wenn man diesen Dreidel aber in Israel und für die Nutzung in Israel kauft, kann man Nun, Gimel, He und Po auf den Seiten des Spielgerätes lesen: ‚Ein großes Wunder geschah hier.‘“

Abb.: Dreidel auf einem Markt in Jerusalem. Adiel lo. CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) via Wikimedia Commons