Nachgefragt: Was bedeutet der Ausgang der US-Wahl für Europa und die transatlantischen Beziehungen?

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Featurebild: Nachgefragt

Mit Spannung wurde das Ergebnis der US-Wahlen erwartet, nun sieht es so aus, als würde Donald Trump kurz vor der Rückkehr ins Weiße Haus stehen. Er hat entscheidende Swing States auf seiner Seite und beansprucht bereits vor jubelnden Anhängern den Wahlsieg für sich. Sein Vize J.D. Vance spricht vom größten politischen Comeback aller Zeiten. Und auch im Senat gibt es eine neue Mehrheit: Die Demokraten haben zwei ihrer Sitze an die Republikaner verloren. Die Kontrolle über diese Kongresskammer geht damit an die Trump-Partei. Was aber bedeutet dieses Ergebnis für uns in Europa und für das transatlantische Verhältnis und welche innenpolitischen Auswirkungen sind für die Vereinigten Staaten zu erwarten? „WortMelder“ hat bei PD Dr. Silvan Niedermeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Nordamerikanische Geschichte der Universität Erfurt nachgefragt…

Nach dem Wahlsieg für Donald Trump muss sich Europa auf wirtschaftlich und sicherheitspolitisch schwierige Zeiten einstellen. Trump wird dezidiert von einer Politik der transatlantischen Kooperation Abstand nehmen, die Präsident Biden vertreten hat. Es ist zu erwarten, dass Trump die EU durch die Androhung von Einfuhrzöllen zu Zugeständnissen zwingen wird, die insbesondere uns als Exportland wirtschaftlich treffen werden. Zudem ist abzusehen, dass Trump Deutschland und Europa zu höheren Verteidigungsausgaben nötigen wird, indem er die Mitgliedschaft der USA in der NATO von einem verstärkten sicherheitspolitischen Engagement der europäischen Mitgliedsstaaten abhängig macht. Dies steht auch in Zusammenhang mit der Unterstützung der Ukraine. Mit der Drohung, die US-amerikanischen Militärhilfen für die Ukraine einzustellen oder massiv zu kürzen, wird er Europa zwingen, die militärische und finanzielle Unterstützung für die Ukraine weiter zu erhöhen. Die verringerte verteidigungspolitische Unterstützung durch die USA und die erwartbaren finanziellen Belastungen werden die politischen Handlungsspielräume der EU und der Bundesregierung zukünftig verringern. Zudem ist zu befürchten, dass Trumps Wahlsieg den Auftrieb rechtsnationaler und rechtspopulistischer Kräfte in Deutschland und Europa stärken wird. 

Für die USA bedeutet der Wahlsieg Trumps, dass sich das innenpolitische und gesellschaftliche Klima weiter verschlechtern wird. Es ist derzeit nicht zu erwarten, dass Trump nach seinem erfolgreichen Wahlkampf von seiner Strategie der Dämonisierung des politischen Gegners und des politischen Establishments in Washington abweichen wird. Zudem ist abzusehen, dass er seine hasserfüllte Rhetorik gegenüber den etwa elf Millionen undokumentierten Arbeitsmigrant*innen in den USA fortsetzen und – wie in seiner ersten Amtszeit – eine restriktive und zum Teil menschenrechtwidrige Abschiebepolitik etablieren wird, mit drastischen Folgen für die betroffenen Menschen. Abzuwarten ist, in welchem Maße Trump und seine Unterstützer*innen die vorliegenden Pläne zu einem umfassenden Austausch des politischen Verwaltungsapparats in Washington DC durch Trump-Loyalist*innen umsetzen können. Zudem ist offen, in welchem Umfang Trump, wie im Wahlkampf angekündigt, seine ohnehin schon große politische Gestaltungsmacht als US-Präsident ausbauen kann. Hier wird es vor allem auf die Gerichte ankommen und die Frage, in welchem Maß die Vertreter*innen der Justiz gewillt sind, sich für die Aufrechterhaltung des US-amerikanisches Verfassungsprinzip der Checks and Balances und des demokratischen Systems einzusetzen und sich damit gegen Präsident Trump zu stellen.

Kontakt:

Silvan Niedermeier
Dr. Silvan Niedermeier
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Nordamerikanische Geschichte
(Historisches Seminar)
Weltbeziehungen / C19.01.08
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