In der Rubrik „Nachgefragt“ liefert der „WortMelder“ regelmäßig Statements von Wissenschaftlern der Universität Erfurt zu aktuellen Themen. Diesmal blicken wir auf den Weltjugendtag, der heute in Polen zu Ende geht. Ein Ereignis, das nicht nur auf große Medienresonanz gestoßen ist, sondern vor allem unzählige junge Menschen – im Glauben vereint – nach Krakau lockte. „WortMelder“ hat bei Maria Widl, Professorin für Pastoraltheologie und Religionspädagogik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, nachgefragt: „Braucht die Kirche solche ‚Events‘, um junge Leute noch für sich begeistern zu können und kann eine Veranstaltung wie der Weltjugendtag dafür sorgen, dass wieder mehr Jugendliche in die Kirche gehen, Frau Prof. Widl?“
„Der Weltjugendtag geht auf den Hl. Papst Johannes Paul II zurück und ist eine Frucht des ‚Heiligen Jahres der Erlösung‘ 1984 und des Internationales Jahres der Jugend 1985. Diese beiden Wurzeln – ein zentrales Glaubensmotiv einerseits, die säkulare Initiative der UN im Blick auf die Jugend andererseits – prägen dieses Ereignis. Seit damals findet jährlich ein Weltjugendtag statt, im Wechsel einmal als internationales Großtreffen, einmal als parallele Veranstaltung in allen teilnehmenden Diözesen der Welt.
Jeder Weltjugendtag steht unter einem biblischen Motto, dieses Jahr in Krakau entsprechend dem ‚Heiligen Jahr der Barmherzigkeit‘ in der Weltkirche ‚Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden!‘ (Mt 5,7) In Gottesdiensten, Gebetstreffen, Meditationen, Glaubensunterweisungen durch Bischöfe und Diskussionen mit ihnen darüber, aber auch bei Spiel, Spaß und Konzerten kommen Jugendliche aus aller Welt für fünf Tage zusammen. Im Vorprogramm sind sie zusätzlich fünf Tage lang bei Familien untergebracht und lernen Land und Leute kennen. Zielsetzung ist es, der Jugend Mut zu machen, die Kultur und die Welt der Zukunft zu gestalten; sichtbar zu machen, dass die Erwachsenenwelt ihnen dies zutraut und ihre Hoffnung auf sie setzt; und die Überzeugung, dass die Vertiefung in den christlichen Glaube ein guter Weg dazu ist, weil er Menschen in Frieden und voll Freude zusammen zu führen vermag.
Braucht es solche Events und was bleibt davon? – diese Frage wird in den Medien wie in der Kirche der Erwachsenen regelmäßig diskutiert. Ja, es braucht solche Events in einer Kultur, in der die Einzelnen individuell für sich entscheiden, was ihr Leben prägen soll. Keine Ausrichtung kann heute große Mehrheiten finden – auch Fußball, Sport oder Hochkultur nicht. Daher haben sie ihre Events, wo viele gleichermaßen Interessierte sich zusammenfinden, um miteinander ihre Begeisterung zu teilen. Was den einen dieses Jahr Krakau, ist den anderen Rio oder Bayreuth.
Als Frucht der Weltjugendtage hat sich in der katholischen Kirche eine neue, vielfältige Jugendkultur entwickelt: mit Gruppenleben wie in Jugend 2000, als offene Gebetsbewegung wie Nightfever, mit neuen jugendgemäßen Glaubens- und Gebetbüchern aus der YouCat-Redaktion. Diese Jugendlichen sind teilweise fester und tragender Bestandteil ihrer Kirchengemeinden zu Hause, teilweise beteiligen sie sich an der offenen kirchlichen Jugendarbeit, teilweise leben sie von einem Event zum nächsten. Die intensive Glaubenserfahrung und Gottesbeziehung der gemeinsamen Tage nehmen sie alle mit.“