Wir freuen uns über ein neues Gesicht an der Universität Erfurt. Dürfen wir vorstellen? Fabian Prochazka – Juniorprofessor für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt interpersonale Kommunikation im Kontext der Digitalisierung an der Philosophischen Fakultät. Der 34-Jährige kam zum 1. Mai von der Universität Hohenheim in die Thüringer Landeshauptstadt, weil Erfurt ein, wie er selbst sagt, „hervorragender Standort in der Kommunikationswissenschaft ist und die Kolleginnen und Kollegen hier sehr relevante und innovative Forschung mit vielen Anknüpfungspunkten zu meiner eigenen Arbeit leisten“. Auch die einzigartige Konzeption der Studiengänge hier habe ihn überzeugt: „Ein persönlicher Eignungstest, die Projektstudienphase im Bachelor und spezialisierte Master-Studiengänge sorgen für sehr motivierte Studierende und ein richtig gutes Betreuungsverhältnis.“ Aber auch zum Leben ist Erfurt genau die Art von Stadt, die Prochazka mag: überschaubar, dennoch urban und viel Grün in der Umgebung. „Und so ist diese Juniorprofessur kurz nach der Promotion für mich eine herausragende Karriereoption gewesen. So eine Chance kommt nicht oft. Also habe ich sie genutzt.“
Und auch, wenn der Kommunikationswissenschaftler Erfurt in Gänze erst noch erkunden muss, hat er schon das eine oder andere Fleckchen entdeckt, das ihm das Ankommen leichtmacht. „Wenn ich unterwegs bin, gefällt es mir hier jedes Mal mehr“, sagt Prochazka und erwähnt sogleich den Innenhof der Michaeliskirche, der ehemaligen Universitätskirche. „Ich bin nicht religiös, aber der Platz ist wunderschön und atmet Geschichte. Außerdem habe ich meine Studierenden in der ersten Seminarsitzung gebeten, mir Tipps zu geben: Wo muss ich in Erfurt auf jeden Fall hin, wenn die Pandemie vorbei ist? Diese Liste werde ich abarbeiten und ich bin schon sehr gespannt. Manches geht ja auch schon jetzt, trotz Corona.“
Auf dem Campus wird sich der gebürtige Augsburger künftig vor allem mit der Frage beschäftigen, wie sich durch und mit Online-Medien Öffentlichkeit und Gesellschaft verändern. „Wir sehen im Moment hauptsächlich die negativen Seiten: Fake News, Hasskommentare, Filterblasen und so weiter. Ich will den Blick aber auch auf die Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten richten“, sagt der Kommunikationswissenschaftler. „Mich interessieren vor allem drei Schwerpunkte: das Verhältnis von Journalismus und Publikum, Online-Diskurse und Nutzerkommentare sowie der Einfluss von sozialen Medien auf die politische Meinungsbildung. Konkret beschäftige ich mich aktuell zum Beispiel damit, wie Journalist*innen online am besten auf Medienkritik reagieren sollten oder welche Repertoires aus vertrauenswürdigen Informationsquellen sich ‚digital natives‘ zusammenstellen.
Prochazka selbst hat Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft in Salzburg studiert und schon während des Studiums an verschiedenen Forschungsprojekten mitgearbeitet. Nach einigen Praktika in der Medienbranche zog es ihn jedoch in die Wissenschaft. Und so ging er für seine Promotion an die Uni Hohenheim (Stuttgart), wo der heute 34-Jährige die vergangenen sieben Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war.
Gibt es eine Person, die ihn in seiner Laufbahn besonders geprägt oder inspiriert hat, fragen wir ihn. Da muss Fabian Prochazka nicht lange überlegen: „Ja, zwei sogar: Bei Ingrid Paus-Hasebrink in Salzburg war ich lange studentischer Mitarbeiter und habe bei ihr auch meine Master-Arbeit geschrieben. Von ihr habe ich nicht nur fachlich unendlich viel gelernt, sondern auch über das Leben ganz generell. Mein Doktorvater Wolfgang Schweiger in Hohenheim hat mir viel über die Rolle und Verantwortung von Wissenschaft beigebracht, eine gesunde Portion Pragmatismus mitgegeben und mir nicht zuletzt auch methodisch viel vermittelt. Zu beiden habe ich auch zum Glück nach wie vor Kontakt, ich lerne also weiter!“
Und was wird er den Studierenden in Erfurt mit auf den Weg geben? „In meinen Lehrveranstaltungen wird es vor allem um die Themen gehen, die mich auch in der Forschung beschäftigen. Aktuell biete ich beispielsweise ein Seminar zu Online-Diskursen, wo wir gemeinsam klären wollen, wer sich dort eigentlich beteiligt, wie die Qualität von Diskursen ist und welche Effekte sie haben, etwa auf Meinungsklimawahrnehmung oder Selektionsentscheidungen im Journalismus. Außerdem biete ich Veranstaltungen zu den Methoden der empirischen Sozialforschung an.“
Nun ist das erste Semester als Junior-Professor in Erfurt für Prochazka gleich ein Pandemiesemester – also von digitalen Formaten geprägt. Nicht schön, aber der 34-Jährige sieht es vergleichsweise gelassen, denn auch in Baden-Württemberg musste er damit schon zurechtkommen. „Es stellt sich eine gewisse Routine ein, wenngleich natürlich auch vieles belastend ist“, sagt er. „Vor allem fehlen mir die offenen Diskussionen mit den Studierenden, die in einer Videokonferenz einfach anders funktionieren. Ich habe oft das Gefühl, ein bisschen ‚entkoppelt‘ zu sein. Gleichzeitig habe ich im vergangenen Jahr viel darüber nachgedacht, was gute Lehre ausmacht und was wir aus dieser Zeit lernen können. Ich hoffe, dass wir einige wertvolle Aspekte digitaler Lehre auch in der post-pandemischen Zeit weiterführen können. Zum Beispiel können uns Hybrid-Formate und Flipped-Classroom-Konzepte dabei helfen, Präsenzzeiten reduzieren, sie aber besser zu nutzen.“
Und was macht der neue Kollege, wenn er gerade nicht Professor ist? „Im Lockdown habe ich das Gravelbike für mich entdeckt, auch sonst gehe ich gerne nach draußen und mache Sport. Und im Sommer verbringe ich gerne Zeit an Seen und auf Bergen. Außerdem schaue ich Serien, das entspannt…“
Bleibt uns also nur noch, Fabian Prochazka einen guten Start zu wünschen. Ähm, und „Gravelbike“ zu googeln. Sicher ist sicher…