Am 20. Januar 2017 wurde Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika in der US-Hauptstadt Washington, D.C. vereidigt. Seitdem schaut die Welt skeptisch und kritisch auf jede seiner Handlungen, Äußerungen und Twitter-Nachrichten. Denn es scheint, als ließe Trump nicht einen Konflikt aus, um seine Wahlversprechen durchzudrücken und sich von der Obama-Regierung abzugrenzen. „WortMelder“ hat bei Solveig Richter, Juniorprofessorin für Internationales Konfliktmanagement an der Willy Brandt School of Public Policy der Uni Erfurt, nachgefragt: Was hat uns ein Jahr Trump als US-amerikanischer Präsident im Amt bezüglich globaler Sicherheitspolitik und internationalem Konfliktmanagement gezeigt, Frau Prof. Richter?
„Wenn ich dieses Thema im Kreise meiner Studierenden aus Ländern wie dem Iran, Jemen, Kolumbien, Venezuela oder Indien diskutiere, reichen die Reaktionen meist von Kopfschütteln über lautes Seufzen bis hin zu ironischem Lachen. Es ist offensichtlich, dass er kaum einen Konfliktherd wirklich eingehegt, hingegen viele weitere geschürt oder gar neu entfacht hat. Ich will an dieser Stelle kurz versuchen, drei Aspekte herauszustreichen, denen in meinen Augen durchaus längerfristige Bedeutung zukommt.
Zum Ersten hat Trump multilaterale Konfliktlösungsansätze durch unilaterale Entscheidungen untergraben – beispielhaft mit der Ankündigung, die US-amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Gerade im Nahen Osten zeichnet sich eine Radikalisierung und Polarisierung an vielen Fronten ab, an der Präsident Trump einen erheblichen Beitrag hat.
Zum Zweiten hat er seine politischen Ansichten mit dem Amtsantritt auch in die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik übertragen. Zwar bedeuteten Normen wie Demokratie, Menschenrechte und Multilateralismus auch unter anderen US-Präsidenten oft nur rhetorische Schönfärberei. Doch Trump hat ganz offen viele dieser Werte wie Frauenrechte, Rechte Homosexueller, Antirassismus, Toleranz oder auch Bündnistreue mit Füßen getreten und damit auch andere Staaten und Völker diskriminiert. Er hat zudem offen Autokraten wie den umstrittenen philippinischen Präsidenten Duterte hofiert. Dies alles untergräbt den bislang geäußerten Anspruch der USA als Anführer einer liberalen Weltordnung und legitimiert populistische, autoritäre Herrschaftsführung. Es schwächt damit gerade jene Aktivisten, die sich gegen repressive Regierungen zur Wehr setzen und für Freiheit und Demokratie kämpfen.
Zum Dritten ist ebenfalls bemerkenswert, wie er innerhalb kürzester Zeit der Glaubwürdigkeit US-amerikanischer Außenpolitik einen Schaden zugefügt hat. Die Hoffnung vieler Trump-Kritiker, Institutionen und gute Berater werden ihn einhegen, hat sich kaum erfüllt. Er hat nicht nur viele Partner offen düpiert, sondern auch seine eigenen Diplomaten zum Teil der Lächerlichkeit Preis gegeben – beispielhaft etwa auf dem NATO-Gipfel 2017 geschehen. Eine der wichtigsten Grundlagen kooperativer Sicherheit ist Erwartungsverlässlichkeit und Berechenbarkeit. Dies ist nicht mehr gegeben, wenn Trump mit einem Twitter-Sturm im Nu mühsam erzielte Verhandlungsergebnisse ruiniert. Diplomatie degradiert so zum ‚Kaffee-Satz-Lesen‘. Auch wenn oft nur Symbolpolitik dahinter steht, entfalten seine Worte eine Wirkung. Die neue Unberechenbarkeit US-amerikanischer Außenpolitik bietet dann aber auch eine Chance für Deutschland und Europa, denn viele mittlere und kleinere Staaten in der Welt suchen nach beständigen Kooperationspartnern.
Ungeachtet dieses doch durchaus kritischen Resümees lässt sich für einen Politikwissenschaftler doch immer auch Gutes darin finden: Die Präsidentschaft Trumps ist bislang ein experimentelles Studiendesign par excellence – auch, wenn ich mir persönlich sicher andere Signale aus Washington gewünscht hätte.“