Nachgefragt: "Was feiern Christen an Pfingsten, Herr Tschorn?"

Gastbeiträge

An Weihnachten feiern wir die Geburt Jesus Christus, an Ostern seine Auferstehung. Die christliche Tradition dieser Feiertage ist allgemein bekannt. Doch bei der Bedeutung von Pfingsten wird es schon deutlich schwieriger, dabei hat dieses Kirchenfest sogar eine längere Tradition als Weihnachten. Was feiern Christen denn nun am kommenden Wochenende? Das wollte „WortMelder“ von Christopher Tschorn, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Liturgiewissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, wissen…

Christopher Tschorn
Christopher Tschorn

„Das lange Pfingstwochenende bietet sich jedes Jahr an, um Ausflüge mit Freunden oder der Familie zu machen oder um auf eines der zahlreichen Festivals zu fahren. Doch warum haben wir eigentlich an Pfingsten bzw. Pfingstmontag frei? Im Hintergrund stehen ein biblischer Text und eine lange christliche Festtradition. An Pfingsten gedenken die Kirchen der Sendung des Heiligen Geistes. Um zu verstehen, was diese kryptische Antwort bedeutet, müssen wir einen kurzen Blick in die Bibel werfen: Dort liest man im zweiten Kapitel einer Schrift, die Apostelgeschichte genannt wird, dass sich am 50. Tag nach Ostern (als Jesus von den Toten auferstanden ist) die Jünger Jesu in Jerusalem versammelt hatten. Es soll einen heftigen Sturm gegeben haben und die Jünger wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt. In der biblischen Szene wird beschrieben, wie sich Feuerzungen über den Jüngern befanden. Neben dieser Darstellung begegnet vor allem die Taube als Symbol für den Heiligen Geist. Um die Feuerzungen am Pfingstfest darzustellen, werden beispielsweise heute noch im Pantheon in Rom rote Rosenblätter am Pfingstsonntag durch das offene Dach über die Anwesenden gestreut.

Jesus hatte nach biblischer Überlieferung den Jüngern vor seiner Himmelfahrt (40. Tag nach Ostern/Vatertag) versprochen, den Heiligen Geist aus dem Himmel zu senden, um so immer bei den Menschen zu sein. Der Heilige Geist wird in der christlichen Tradition deshalb auch als Beistand und Stärkung angesehen. In Kirchenliedern beispielsweise wird der Geist Gottes als etwas Dynamisches und Belebendes interpretiert. Besonders bei der Taufe und der Firmung, aber eigentlich bei allen Gottesdiensten beten Christinnen und Christen um den Heiligen Geist

An Pfingsten feiern die Kirchen zudem ihr Gründungsereignis. Denn nachdem die Jünger den Heiligen Geist empfangen hatten, begannen sie in aller Welt von den Taten Jesu zu erzählen. Pfingsten ist also der Startpunkt, mit dem aus der kleinen Jüngergemeinde im Laufe der Zeit eine große Gemeinschaft wurde – die Kirche. Deshalb wurde schon früh diesem Gründungsereignis gedacht. Bereits im 2. Jahrhundert feierten die Christen 50 Tage lang Ostern – mit Pfingsten als Abschluss. Es wird somit schon länger gefeiert als Weihnachten (ab dem 4. Jahrhundert).

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Pfingsten in der katholischen Kirche eine ganze Woche lang gefeiert – genauer gesagt acht Tage. Man nannte diese Zeit auch Pfingstoktav (lat. octavus: der Achte). Von dieser langen Festzeit ist heute nur noch der Pfingstmontag übrig geblieben, weshalb wir an diesem Tag auch frei haben.

Pfingsten und die Gabe des Geistes sind bis heute Aufforderung an die Kirchen, nicht stehen zu bleiben, sondern sich als dynamische Gemeinschaft zu verstehen. Mit der Berufung auf den Geist Gottes muss sich immer auch die Verpflichtung zu Veränderung und Reform verbinden. So ist Pfingsten heute für die Kirchen ein sehr zeitgemäßes und herausforderndes Fest.“