Herzlich willkommen, Tobias Franzheld!

Vorgestellt
Fußmatte "Welcome on Board!"

„Dass ich hier an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät langfristig einen Schwerpunkt in der Sozialpädagogik entwickeln kann und mir die Uni im Rahmen der Tenure-Track-Professur viel fachlichen Gestaltungsraum bietet, das hat mich gereizt“, sagt Tobias Franzheld. Der 39-Jährige tritt zum 1. März die Juniorprofessur für Sozialpädagogik an der Universität Erfurt an. „WortMelder“ stellt ihn hier einmal vor…

Dass der gebürtige Thüringer bereits auf ein gutes wissenschaftliches Netzwerk, aber auch Praxispartner zurückgreifen kann, ist für ihn ein weiteres Plus an der Professur in Erfurt. „In Kooperation mit einzelnen Thüringer Landkreisen habe ich Forschungserfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe sammeln können, bin vernetzt mit medizinischen Kinderschutzakteuren in Thüringen und sehe, welche Forschungsinitiativen aktuell im Bereich Sozialpädagogik bestehen“, sagt Tobias Franzheld. „Aber ich freue mich natürlich jetzt auch, neue Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen.“

Jun.-Prof. Dr. Tobias Franzheld

Was ihn in seiner Forschung besonders interessiert? Das Thema Kinderschutz. Im Grunde schon während des Studiums – Erziehungswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft an der FSU Jena. Damals arbeitete Franzheld in einem Forschungsprojekt zur „Transformation der Kinder- und Jugendhilfe nach 1990“ und stieg nach dem Magister-Abschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Projekt ein. „In der letzten Projektphase haben wir uns dann verstärkt mit dem Thema Kinderschutz beschäftigt, unter anderem weil es sich als ein neues Thema in der Jugendhilfelandschaft nach bundesweiten Kinderschutzfälle aufdrängte. Wir haben dann geschaut, ob und wie sich die Transformationsprozesse in den Landkreisen nach 1990 auf die Bearbeitung von Kinderschutzfällen auswirken, ob sich beispielsweise die etablierten fachlichen Strukturen auch in der Kinderschutzarbeit durchsetzen. Es war also auch ein Testfeld für unsere Hypothesen zu den lokalen Bewältigungsformen gesellschaftlicher Transformationen.“

2013 folgte der Wechsel an das Institut für Sozialwesen der Uni Kassel. Dort konnte Franzheld noch stärker an sozialpädagogischen Inhalten arbeiten und auch seine Promotion über den multiprofessionellen Kinderschutz 2015 erfolgreich abschließen. „Ausgangspunkt meiner Studie war die Annahme, dass sich bei der Bearbeitung von Kinderschutzfällen unterschiedliche berufliche Perspektiven kreuzen, also unterschiedliche Berufsgruppen in die Fallarbeit eingebunden werden und sich dadurch auch Rückschlüsse auf ihre Professionalisierungsprofile ziehen lassen. Die Frage war also, was zeichnet die jeweilige berufliche Perspektive medizinischer, polizeilicher und sozialpädagogischer Kinderschutzakteure aus und wo und wie begegnen sie sich bei Kinderschutzfällen.“

Anschließend war der heute 39-Jährige wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektkoordinator in einem Praxis-Transfer-Projekt in Kassel und Jena zum Aufbau tragfähiger Kooperationsstrukturen zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitsdiensten beschäftigt. Später folgte der Wechsel an die Goethe-Universität Frankfurt, und 2019 bis 2021 die Vertretung der Professur für Sozialpädagogik an der Universität Koblenz. „Das war für mich eine gute Gelegenheit, mein Lehrprofil zu schärfen, weil ich einerseits große Lehrveranstaltungen zur Einführung in die Sozialpädagogik übernehmen und zweitens ein fallorientiertes Sozialpädagogik-Studium weiterführen durfte. Denn ich halte solche fallbezogenen Lehrkonzepte für geeignet Theorie-Praxis-Transferformate in der Hinsicht, dass sich am Einzelfall die sozialpädagogische Praxis spiegelt, aber auch Theorien entwickeln lassen.

Aktuell arbeitet Tobias Franzheld an mehreren „Fronten“: Ende 2021 wurde ihm von der DFG ein Projektantrag zum Thema „Selbstmelder_innen in der Inobhutnahme“ bewilligt. Darin geht er der biografischen Bedeutung von Selbstmeldungen für Jugendliche nach. Wie gestaltet sich für Jugendliche der Weg in Schutzeinrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, welche Hürden müssen sie überwinden, können sie sich und ihren Anliegen hinreichend Gehör verschafften und inwiefern reagieren Schutzeinrichtungen angemessen auf ihre Bedürfnisse – all dies sind Fragen, die im Projekt beantwortet werden sollen. Außerdem arbeitet der Wissenschaftler an einem Systematisierungsversuch multiprofessioneller Kooperation, also an der Frage, ob und wie sich unterschiedliche Zuschnitte von beruflicher Zusammenarbeit analytisch differenzieren lassen. Ein weiteres Themenfeld betrifft die Unsicherheit von Fachkräften bei der Fallarbeit: „Im Kinderschutz zeigt sich aktuell ein Trend zur Fehlerdiskussion, d.h. Fachkräften werden auch vor dem Hintergrund rechtlicher Verantwortung in Teilen schuldhaftes Versagen oder Fehlhandlungen vorgeworfen. Statt aber von Fehlern zu sprechen, halte ich es für angemessener, sich theoretisch und analytisch mit den Unsicherheitsmomenten der Praxis zu befassen. Der Fehlerdiskurs würde darauf hinauslaufen, Unsicherheiten systematisch auszugrenzen, statt sie als konstitutiv für die Praxis zu betrachten.“

Auch in den Lehrveranstaltungen von Tobias Franzheld wird das Thema Kinderschutz eine wichtige Rolle spielen. „Ich möchte dabei hier auch den schon angedeuteten Fallbezug stärken“, kündigt er an. „Aus meiner langjährigen Forschung kann ich auf einen Fundus an Kinderschutzfällen zurückgreifen, mit denen ich auch meine Seminare gestalte. Und natürlich möchte ich meine aktuelle Forschung zu Selbstmeldern in der Inobhutnahme in meine Lehre einbeziehen.“

Ob es eine Person gibt, die ihn in seiner bisherigen Laufbahn besonders geprägt oder inspiriert hat, fragen wir Tobias Franzheld. „Ja, mein ‚erster‘ Professor, Bruno Hildenbrand“, sagt er ohne zu zögern. Ihm habe er zu verdanken, dass er im Feld der Kinder- und Jugendhilfe Fuß fassen konnte, nicht zuletzt, weil der Professor ihm die Chance gab, in seinem Jugendhilfe-Projekt und anschließend am Institut für Soziologie mitzuarbeiten. „Von ihm konnte ich eine Menge lernen, besonders im Hinblick auf fallrekonstruktive Methoden, das Praktizieren von Genogramm-Analysen und der Objektiven Hermeneutik. Besonders imponiert hat mir aber auch seine ‚Gelehrsamkeit‘, die weit über soziologische Fachthemen hinausging. Nach jedem Projekttreffen oder Kneipenbesuch hatte man mindestens drei neue Romanempfehlungen an der Hand“, lacht Franzheld.

Und was macht der neue Juniorprofessor, wenn er nicht forscht oder lehrt? „Ich spiele Saxophon – wenn auch gerade ohne Band. Das Musik-Machen hat mir schon viele Türen geöffnet, weil man ohne viele Worte in einen intensiven Austausch kommt oder zumindest schnell feststellt, ob man miteinander harmoniert. Ich fahre außerdem Wildwasser-Kajak und spiele aktiv Kanupolo. Letzteres ist aktuell sicherlich noch eine Randsportart, aber wir haben es geschafft, diesen Sport in den vergangenen zehn Jahren auch vereinsmäßig zu etablieren und laden jährlich zu einem großen ‚Fun-Turnier‘ ein. Wenn die Wasserstände gut sind und es die Zeit erlaubt, fahren wir gern auch zum Wildwassersport in die Alpen.“

Viel Freude und Erfolg bei seiner Arbeit wünschen wir Tobias Franzheld und sagen: Herzlich willkommen an der Universität Erfurt!

Kontakt:

Tobias Franzheld
JProf. Dr. phil. Tobias Franzheld
Inhaber der Professur für Sozialpädagogik
(Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Lehrgebäude 2 / Raum 321
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