Die Professur für Orthodoxes Christentum an der Universität Erfurt begrüßt mit Dr. Maria Hämmerli eine Gastwissenschaftlerin aus der Schweiz, die mit einem Forschungsstipendium des Schweizerischer Nationalfonds nun für ein Jahr in Erfurt arbeiten wird. "WortMelder" hat mit der 43-Jährigen über die Hintergründe und ihre Forschung gesprochen ...
Frau Dr. Hämmerli, was hat Sie denn an der Gastprofessur in Erfurt gereizt und wie kam der Kontakt zu Prof. Makrides zustande?
Geboren und aufgewachsen in Rumänien, habe ich in den vergangenen 20 Jahren meines Lebens in der Westschweiz gelebt und gearbeitet. Ich habe meine Forschungstätigkeit zum Thema Religion und Migration mit einem Stipendium an der Universität Neuenburg in der Schweiz begonnen und bin dann später nach meiner Dissertation an die Universität Fribourg gegangen. Als ich mich für eine akademische Laufbahn entschied, war mir klar, dass ich mobil sein muss - nicht zuletzt, um mit meiner Forschung voranzukommen und mich gut vernetzen zu können. Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, denn ich bin Mutter von vier Kindern, und Sie können sich vorstellen, was es bedeutet, mit vier Kindern für viele Monate ins Ausland zu gehen. Mein Ehemann unterstützt mich zum Glück sehr und hat mich ermutigt, diese Gelegenheit zu nutzen und als Familie diese Erfahrung im Ausland zu machen. Aber auch die Perspektive, Deutsch zu lernen, gab uns weiteren Auftrieb für unseren Umzug nach Erfurt.
Warum ausgerechnet Erfurt - das ist leicht zu beantworten: Mein Fachgebiet ist ja das orthodoxe Christentum ist, das ich aus einer sozio-anthropologischen Perspektive bearbeite. Deshalb wollte ich an einen Ort gehen, an dem ich für meine Arbeit gut Anknüpfungspunkte und Kolleg*innen für den fachlichen Austausch finden kann. Die Professur für Orthodoxes Christentum in Erfurt hat einen guten Ruf und ist für mich insofern bestens geeignet, als dass sie seltene und vielfältige Perspektiven für dieses Fach bietet. Professor Makrides ist einer der führenden Wissenschaftler im Bereich des orthodoxen Christentums, und ich bin schon sehr früh in meiner Forschungstätigkeit auf seine Schriften gestoßen. Später hatte ich auch die Gelegenheit, ihn persönlich auf einer internationalen Konferenz zu treffen, und er war sogar eines der Mitglieder meiner Doktorandenjury. Es erschien mir deshalb konsequent, meine Forschungen in Erfurt durchzuführen. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) machte es schließlich möglich, indem er mir das PostDoc-Mobilitätsstipendium gewährte. Und so bin ich nun hier in Thüringen!
Kannten Sie Erfurt schon und wenn ja, gibt es etwas, das Sie an der Stadt besonders mögen?
Nein, Erfurt kannte ich vorher nicht, ich wusste nur von der Professur für Orthodoxes Christentum. Aber das reichte aus, um mich zu überzeugen. Als wir das erste Mal hierher kamen, gefiel uns die Stadt sehr gut, ihre Kombination aus einer glorreichen christlichen Vergangenheit und einer weniger glorreichen kommunistischen Vergangenheit aus jüngster Zeit. Übrigens: Aus einem ehemals kommunistischen Land kommend, wundere ich mich immer, wenn ich sehe, dass die Stadt nach wie vor Straßen und Plätze nach Karl Marx usw. benennt. Aber zum Glück ist der Karl-Marx-Platz ein schöner Ort. Manchmal höre die Leute sagen, Erfurt sei zu klein, da passiere nichts... Das mag vielleicht für deutsche Verhältnisse stimmen, aber nicht für mich. Auch Weimar, wo ich eigentlich wohne, scheint mir nicht zu klein zu sein. Ich mag historische und überschaubare Städte. Sie haben einen besonderen Charme, bieten ein lebenswertes Umfeld, sind sicher und familienfreundlich.
Woran genau werden Sie in Erfurt arbeiten und warum ist gerade die Uni Erfurt dafür der richtige Ort?
Gegenwärtig arbeite ich an einem Konzept der "orthodoxen Ethik", in Anlehnung an Max Weber und seine "protestantische Ethik". Hier in Erfurt steht mir also nicht nur die Professur Orthodoxes Christentum zur Verfügung, sondern auch das Max-Weber-Kolleg. Eine ausgezeichnete Kombination!
Gibt es eine Person, die Sie in Ihrer beruflichen/wissenschaftlichen Laufbahn besonders geprägt oder inspiriert hat? Und wenn ja: Wer und warum?
Ich habe viele Menschen getroffen, die mich auf unterschiedliche Weise inspiriert haben: einige mit ihrer Eleganz, Eloquenz und Gelehrsamkeit, andere mit ihrer Fähigkeit, sich als Wissenschaftler selbst zu vermarkten, wieder andere mit ihrem Humor.
Werden Sie auch Lehrveranstaltungen anbieten?
Ja, im Sommersemester biete ich ein Seminar mit dem Titel "Verkündigung der 'Guten Nachricht' von der digitalen Kanzel aus: Wie neue Informationstechnologien das heutige Christentum (neu) formen" an. Es geht darin um eine vergleichende Analyse der Art und Weise, wie Katholiken, Protestanten (von hochkonservativen charismatischen Evangelikalen und Pfingstlern bis hin zu den "klassischeren" und liberaleren Protestanten) und Orthodoxe Christen digitale Medien nutzen, die im Begriff sind, entscheidende Aspekte dieser religiösen Traditionen zu verändern.
Ihr erstes Semester in Erfurt wird Corona-bedingt gleich ein Hybrid-Semester, also auch von digitalen Formaten geprägt sein: Wie fühlt sich das für Sie an?
Es ist natürlich sehr schade, aber ich werde die Gelegenheit nutzen, mich voll und ganz auf meine Forschung zu konzentrieren. Glücklicherweise stehe ich per E-Mail und Telefon in Kontakt mit lokalen akademischen Stipendiaten, aber das ist natürlich nicht dasselbe. Ich hoffe, dass wir bald wieder gemeinsam auf dem Campus essen und Kaffee trinken können.
Und was machen Sie, wenn Sie gerade nicht Professorin sind?
Ich bin Mutter von vier Kindern - eine Aufgabe, die zugleicht all meine Hobbys umfasst. Wir machen alles zusammen: spielen (meine Kinder lieben Brettspiele und mein 4-jähriges Kind ist ein kleines Schachgenie), lesen (wir lesen gerade gemeinsam rumänische Gedichte), Deutsch lernen, in der schönen Thüringer Landschaft spazieren gehen, Fahrrad fahren, Filme schauen, Musik machen. Ich liebe auch Gartenarbeit, aber im Moment haben wir leider keinen Garten.