Schon gewusst, dass Menschen, die andere ausschließen, dabei gemischte Gefühle haben?

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Schon gewusst?
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Wie wirkt sich Ostrazismus auf Täter aus? Oder: Von Cyberball zu Moneyball

Ostrazismus ist ein Fachbegriff, der sich auf das Ignorieren oder Ausschließen einzelner Personen oder Gruppen durch andere bezieht. In einer Kooperation mit der Universität Mannheim und dem ErfurtLab wurden durch ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Ökonomen und Psychologen die wenig erforschten psychologischen Auswirkungen von Ostrazismus auf Täter untersucht. 

Im Labor wird üblicherweise Ostrazismus mit der Cyberball-Methode untersucht (siehe Williams, Cheung, & Choi, 2000). Dabei spielen zwei Computerprogramme mit einer menschlichen Versuchsperson, die jedoch glaubt mit zwei Menschen zu spielen, ein virtuelles Ballspiel namens Cyberball. Der Experimentator programmiert dabei die Computerprogramme so, dass Sie entweder die Versuchsperson vom Ballspiel ausschließen (Opfergruppe) oder einschließen (Kontrollgruppe).

Im Anschluss füllen Teilnehmer der Opfergruppe sowie der Kontrollgruppe einen Fragebogen aus, auf deren Basis durch komparative Statistiken die Auswirkungen von Ostrazismus gemessen werden. Aus einer Vielzahl solcher Studien wissen wir, dass Opfer von Ostrazismus vor allem in ihren Bedürfnissen nach Zugehörigkeit, bedeutsamer Existenz, und ihrem Selbstbewusstsein negativ beeinträchtigt werden. Diese Ergebnisse geben uns interessante und repräsentative Einblicke in die Gefühlswelt von Opfern von Ostrazismus, zum Beispiel in Schulklassen oder am Arbeitsplatz.

Leider kann man mit der Methode Cyberball die Gefühle der Täter nicht messen, weil diese Computerprogramme sind. Auch ist es unschön, dass die Opfer vom Experimentator bewusst getäuscht werden, so dass Sie denken die Täter wären Menschen, die sie freiwillig ausschließen. Das wirft natürlich ethische Folgefragen auf. Um beide Probleme zu beheben, hat das Forschungsteam eine neue Methode namens Moneyball entwickelt, welche „milde“ finanziellen Anreize nutzt, um zwei menschliche Versuchsteilnehmer dazu zu bringen, einen dritten Teilnehmer ein- oder auszuschließen. Durch diese innovative Methode kann der Einfluss von Ostrazismus auf die Täter messbar gemacht werden.

Erste Studienergebnisse zeigen das Ostrazismus bei Tätern gemischte Gefühle hervorruft: Auf der einen Seite empfinden Sie mehr Zugehörigkeit, Kontrolle und bedeutsame Existenz; auf der anderen Seite leiden Sie an schlechter Stimmung und geringerem Selbstbewusstsein. Aus praktischer Sicht konnten mit dieser neuen und ethisch vertretbaren Forschungsmethode Stellschrauben identifiziert werden, um Täter von Ostrazismus dazu zu bringen anderweitig Zugehörigkeit, Kontrolle und bedeutsame Existenz zu empfinden, sodass wir negative gesellschaftliche Folgen von Ostrazismus auf sowohl Opfer als auch Täter reduzieren können.

Abstract

Recent research indicates that not only targets but also sources of ostracism experience detrimental consequences. To study human sources besides targets within the same framework, we augment the “Cyberball” paradigm with monetary incentives. We test and apply the resulting paradigm “Moneyball” in an interactive and deception-free study with N = 504 university students. Validating the paradigm, the exclusion had comparable detrimental effects on the needs satisfaction and mood of the targets as found in studies without monetary incentives. Sources perceived some benefit in their sense of belonging, meaningful existence, and control, yet suffered in self-esteem and mood. Sources and targets both rewarded less money to their group members than inclusive participants did to theirs, even under financial equality. We conclude that Moneyball presents a valuable method to examine voluntary social exclusion in a unified framework.

 

Werner, B., Mill, W., & Hariskos, W. (2023). Moneyball: Studying effects of ostracism on both targets and voluntary sources. Prepared for Publication, University of Erfurt.